#Frank Schirrmacher

Sarrazins “Flucht in den Biologismus”

von , 30.8.10

Frank Schirrmacher hat die bislang beste Analyse des Thilo-Sarrazin-Buches geschrieben: “Ein fataler Irrweg“.

Sarrazins Buch sei nicht einfach nur ein bürgerliches Traktat, das die eigene abendländische Kultur gegen die demografisch induzierte Bedrohung durch muslimische Milieus verteidigen wolle. Sarrazin gehe es um mehr: um die Etablierung es völlig anderen Kulturbegriffs:

Es geht um die Verbindung von Erbbiologie und Kultur und damit letztlich um ein Wort, das Sarrazin (Darwin zitierend) so unerschrocken benutzt, wie einst Gottfried Benn, ‘Zuchtwahl’ und ‘Auslese’. …

Kultur ist ihm der Reflex biologischer Prozesse. …

Da er, der die Kultur verteidigen will, in Wahrheit selbst nicht mehr an ihre bindende und verbindliche Kraft glaubt, geschieht das, was grundsätzlich geschieht, wenn Gesellschaften um ihre Identität fürchten und ihren eigenen Werten misstrauen: die Flucht in den Biologismus.

Sarrazin, der freimütig den Eugenetiker Francis Galton zitiert, plädiere “faktisch für eine eugenetische Demographie”, so Schirrmacher.

Zugleich zeigt sich Schirrmacher fasziniert von dem Hype und dem Denkanstroß, den Sarrazin ausgelöst hat. Sarrazin habe ein Buch geschrieben, “das durchaus sehr viele richtige und notwendige Dinge sagt”. Es sei das Dokument einer “demografisch verwundeten Gesellschaft”; Sarrazin sei der “Ghostwriter der Gespenster, die uns jetzt heimsuchen”.

Das Buch könnne – anders als Angela Merkel meine – durchaus hilfreich sein. Es könne nämlich die muslimischen Milieus in Deutschland “aufwecken”, dass sie mehr für Bildung und kulturelle Kohäsion tun müssten. Den Parallelgesellschaften müsste verstärkt mit dem “Glaube in die eigene Kultur” entgegengetreten werden.

Das falsche biologistische Sarrazin-Argument könnte so letztlich zum richtigen “Wendepunkt” führen, so die Pointe der Schirrmacher-Konstruktion.

Den ganzen Schirrmacher-Beitrag lesen…

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