Rundfunkräte direkt wählen!

von , 23.3.09


Es wird seit einiger Zeit über die Causa Koch (Causa Brender?) beim ZDF diskutiert. Dazu wurde viel Zutreffendes über das ZDF und das Verhalten der Parteien geschrieben. Allerdings ist die eigentliche Ursache der Problematik (soweit ich sehen kann) fast gar nicht erörtert worden.

Diese besteht in der grundsätzlichen Fehlkonstruktion, dass die Parteien in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in für sie wichtigen Fragen starken Einfluss ausüben können, in dem sie die Aufsichtsgremien (mehr oder minder stark) beherrschen. Dies geschieht einerseits durch eigene Sitze in den Gremien, andererseits über Vertreter „gesellschaftlich relevanter Gruppen“ die oft ebenfalls parteinah sind oder der Parteienmacht nichts entgegenzusetzen haben. Einige Beispiele für den Hessischen Rundfunk nennt Christoph Hickmann in seinem Text “Roland Kochs Spielwiese” in der Süddeutschen Zeitung. Der Parteieneinfluss ist selten so spektakulär wie im Fall Koch/Brender. Häufiger ist die dauerhafte und subtile Vorfeldwirkung aufgrund ihrer Macht zur indirekten Karriereförderung oder -blockierung von Journalisten und Fernsehmachern.

Die Anstalten halten sich oft ihre Staatsferne zugute. Parteiennähe ist auch nicht besser. Dass die Parteien überhaupt in solchen Gremien vertreten sind, basiert im Wesentlichen darauf, dass sie ein Monopol für demokratische Legitimation haben. Sie allein haben das „Mandat“ und nutzen es als Allzweckwaffe. Wo Demokratie draufsteht, sind Parteien drin. Dies sollte man (nicht nur für die Rundfunkanstalten, sondern auch für andere öffentliche Institutionen) grundsätzlich in Frage stellen. Dafür gibt es mindestens zwei unterschiedliche Reformperspektiven.

Die erste besteht darin, dass die Mitglieder der Aufsichtsgremien (Rundfunkrat, Fernsehrat) der Rundfunkanstalten direkt von den Gebührenzahlern gewählt werden. Dies könnte man per Briefwahl oder online durchführen. Es sollte nach Ländern zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgen, so dass jeweils nur eine Teilmenge von Rundfunkräten etc. neu gewählt wird. Die Kandidaten bewerben sich mit ihrer Medien-Kompetenz und Erfahrung sowie mit ihrer Auffassung zur Programm- und Geschäftspolitik des Senders, die sie im Gremium zur Geltung bringen.

Was für das ZDF und die anderen Rundfunkanstalten gilt, wäre in ähnlicher Weise auch für die jeweiligen Landesmedienanstalten zur Regulierung des privaten Rundfunks anwendbar. Auch hier ist es eine Fehlkonstruktion, dass die Parteien die einzelnen Medienanstalten beherrschen und damit auf die privaten Medien Einfluss nehmen können. Auch hier ist es vorzuziehen, dass die Bürger die obersten Gremien der Landesmedienanstalten selbst wählen. Ein Schritt in die richtige Richtung wäre es schon, wenn eine Teilmenge von den Bürgern direkt gewählt wird und der Rest vom Parlament des Landes.

Die zweite Reformperspektive besteht darin, dass die Mitglieder der Aufsichtsgremien der Rundfunkanstalten und der Landesmedienanstalten ihrerseits von einer Zweiten Kammer (Senat) auf Bundes-und/oder Länderebene gewählt werden (ausführlicher hier). Der Senat wird direkt von den Bürgern gewählt und ist unabhängig von den Parteien, d.h. Funktionsträger von Parteien (und evtl. auch von Verbänden) können keine Senatsmitglieder sein.

Ein solcher direkt gewählter Senat hätte eine eigenständige demokratische Legitimation neben derjenigen des Parlaments. Wegen seiner Parteienferne könnte man ihm auch viele andere Personalentscheidungen übertragen, um Parteipatronage in staatlichen Ämtern und Institutionen zu verhindern. Auch die Ernennung von Verfassungsrichtern wäre hier besser aufgehoben als im Kuhhandel der Parteien.

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