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#rp13: Informelle Normen im Urheberrecht

von , 9.5.13

Auf der re:publica stellten Dr. Jeanette Hofmann und Christian Katzenbach vom Berliner Alexander von Humboldt-Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG) eine interessante und bisher in der Debatte um eine notwendige Modernisierung des Urheberrechts fehlende Perspektive vor: Wie informelle Normen das Urheberrecht unterlaufen oder auch auf den Kopf stellen.
 

Dr. Jeanette Hofmann und Christian Katzenbach auf der #rp13, Foto: Tobias Schwarz, CC BY-SA

Dr. Jeanette Hofmann und Christian Katzenbach auf der #rp13, Foto: Tobias Schwarz, CC BY-SA

 
Das Urheberrecht regelt nicht nur, wie wir als Gesellschaft mit Informationsgütern umgehen, es setzt zugleich einen gewissen Rahmen, in dem es sich rechtfertigt und wir es betrachten. Ein Gesetz um des Gesetzes willen, was bei jeglichem Versuch einer juristischen Reform des Urheberrechts zu wütenden Kampagnen abgezählter Köpfe führt – meist ohne Köpfchen. Was fehlt, sind wissenschaftliche Analysen, die sich mit den Stärken und Schwächen der derzeitigen Gesetzeslage beschäftigen, und die Debatte um Empirie anstelle von Emotionen bereichert.

In Branchen mit traditionell fehlenden oder nur schwach ausgeprägten urheberrechtlichen Schutzmechanismen wollen die beiden Wissenschaftler ermitteln, wie auch ohne ein reglementierendes Urheberrecht eine Form des Miteinanders und rechtliche Sicherheit entstehen können, wie etwa im Bereich Comedy, in dem Witze keine vom Urheberrecht erfasste Werkform sind und deshalb keinerlei Schutz besteht. Trotzdem kopieren Komikerinnen und Komiker nicht die Witze der anderen. Das liegt an den informellen Normen in der sozialen Gruppe der Comedians.

Der Schutzgegenstand im Comedy-Bereich ist die Idee, nicht die direkte Aufführung oder ein Wort. Solange die Schöpferin oder der Schöpfer bekannt sind, gilt ein informeller Schutz für den Witz. Der Nachteil gegenüber den an sich viel zu langen Schutzfristen im Urheberrecht ist aber bei informellen Normen, dass diese ewig gelten können, zumindest, solange klar ist, von wem der Witz stammt. Verstößt jemand dagegen, muss die Person damit rechnen, aus der sozialen Gruppe der Comedians verstoßen zu werden. Das Normensystem reagiert relativ hart auf Verstöße. Ähnlich funktioniert dieses Normensystem in der Zauberei und bei Köchinnen und Köchen.

Mit ihrer Forschung hoffen Hofmann und Katzenbach, zu belegen, dass die Abwesenheit von Recht nicht gleich die Abwesenheit von Regeln bedeutet. Soziale Normen können dabei neue Urheberrechtsgesetze positiv ergänzen, da sie flexibler modifizierbar sein können als Gesetze. Sie allein werden nicht die Lösung sein: Ein Urheberrecht wird es auch weiterhin geben (müssen). Das Zusammenspiel von rechtlichen und sozialen Normen verdient aber unbedingt mehr Beachtung.
 
Tobias bloggt im Logbuch des Isarmatrosen. Text und Foto stehen unter einer CC BY-SA-Lizenz.

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