#Adresshandel

Rechtsfragen der Informationsgesellschaft – NS-Parolen, Call-In-Shows, Datenschutz

von , 17.8.09

Bundesverfassungsgericht schränkt Verbreiterhaftung ein
Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Beschluss klare Grenzen für die sogenannte presserechtliche Verbreiterhaftung gezogen. Nach Ansicht Gerichts darf die Recherche- und Sorgfaltspflicht für übernommene fremde Inhalte nicht überstrapaziert werden. Denn ansonsten drohe die „Einschnürung” der Kommunikationsgrundrechte aus Art. 5 GG. Des Weiteren dürften an die Kennzeichnung von fremden Inhalten in diesem Zusammenhang nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden, so die Karlsruher Richter weiter.

BGH: „Blood & Honor”-Parole nicht strafbar
Der Gebrauch einer fremdsprachigen Übersetzung einer verfassungsfeindlichen NS-Parole erfüllt nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13.08.2009 (Az.: 3 StR 228/09) nicht ohne weiteres den Straftatbestand des § 86 a StGB. Die Norm erfasst zwar nach ihrem Wortlaut auch Abwandlungen von Original-Parolen, sofern sie dem Original zum Verwechseln ähnlich sind. Allerdings fehlt es nach Ansicht des BGH bei fremdsprachigen Übersetzungen in der Regel an dieser notwendigen Verwechslungsgefahr. Daher unterfällt „Blood and Honor” als englischsprachige Übersetzung der NS-Parole „Blut und Ehre” nicht der Strafbarkeit des § 86a StGB. Durch die Übersetzung erfahre diese NS-Parole nämlich eine so grundlegende Verfremdung, dass keine Verwechslungsgefahr mehr gegeben sei, so der Dritte Strafsenat des BGH.

9Live scheitert im Eilverfahren gegen die Gewinnspielsatzung
Der Gewinnspielsender „9Live” ist mit einem Eilantrag zu seiner Normenkontrollklage gegen die Gewinnspielsatzung der Landesmedienanstalten gescheitert. Der Sender hatte in einem Eilverfahren beantragt, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens – in dem die Rechtmäßigkeit der Gewinnspielsatzung überprüft werden soll – die Anwendbarkeit des Regelwerks auszusetzen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wies den Antrag des Der Call-In-Show-Sender am vergangenen Dienstag jedoch ab. Damit bleibt die Gewinnspielsatzung zunächst uneingeschränkt anwendbar. 9Live hatte seinen Antrag insbesondere mit starken wirtschaftlichen Einbußen aufgrund der neuen Gewinnspielregeln begründet. Die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens schätzten die Verwaltungsrichter in ihren Entscheidungsgründen indes als offen ein.

Landgericht Hamburg: Kein Anspruch gegen Vertipper-Domain
Wie in der vergangenen Woche bekannt wurde, hat das Landgericht Hamburg Mitte Juli entschieden, dass der Inhaber der Domain „moebel.de” keinen Unterlassungsanspruch gegen den Domaininhaber von „wwwmoebel.de” hat. In diesem konkreten Fall, wo der Domainname lediglich beschreibende Begriffe enthält, seien auch solche sogenannten „Vertipper-Domains” zulässig, so das Gericht. Damit steht das Urteil des LG Hamburg auch nicht in Widerspruch mit den jüngsten Entscheidungen des Schiedsgerichts der WIPO. Darin wurden nämlich der Wikimedia Foundation jüngst mehrere Vertipper-Domains aufgrund von markenrechtlichen Ansprüchen zugesprochen.

Illegaler Adresshandel floriert weiterhin
Recherchen des NDR zufolge floriert der illegale Adresshandel ungeachtet aller Datenschutzverschärfungen weiterhin. NDR-Reportern ist es demnach gelungen, binnen weniger Stunden mehrere tausend illegal gehandelte Datensätze im Internet zu erwerben. Dabei beinhalteten die Datensätze neben volständigen Namen und Adressen auch Bankverbindungen. Daneben hat auch der niedersächsische Landesdatenschutzbeauftragte in einem Interview mit dem Deutschlandfunk die Wirksamkeit des novellierten Bundesdatenschutzgesetzes im Kampf gegen illegalen Adresshandel grundsätzlich infrage gestellt.

Mehr Rechtsextreme Internetangebote – Politik fordert Maßnahmen
Die Bundeszentrale für politische Bildung und jugendschutz.net haben am vergangenen Freitag aktuelle Zahlen zur Verbreitung von rechtsradikalen Internetangeboten vorgelegt. Daraus geht hervor, dass Rechtsextreme ihre Aktivitäten im Internet erneut verstärkt haben und dabei insbesondere auf Web 2.0-Angebote setzen. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) nahm die neue Statistik zum Anlass noch einmal zum “Kampf gegen den Hass im Internet” aufzurufen. Bayerns Innenminister, Joachim Herrmann (CSU), sprach sich angesichts der neuen Zahlen für die Ausweitung der KiPo-Netzsperren auf rechtsradikale Inhalte aus. Die Gewerkschaft der Polizei bezeichnete unterdessen das Internet als den größten Tatort der Welt.

Rundfunksender gegen Kennzeichnungspflicht bei Product Placement
Die öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehsender haben sich in einer gemeinsamen Stellungnahme gegen eine umfassende Kennzeichnungspflicht von Product Placement ausgesprochen. In einem an die Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder gerichteten Schreiben machen die Sender insbesondere deutlich, dass sie eine Kennzeichzeichnungspflicht bei eingekauften Produktionen für unpraktikabel halten. Im Rahmen der Verhandlungen um den kommenden 13. Rundfunkänderunsstaatsvertrag ringen die Ministerpräsidenten derzeit um Regelungen zum Product Placement. Nach aktuellem Sachstand planen die Bundesländer dabei auch, eine Kennzeichnungspflicht bei eingekauften Produktionen vorzuschreiben.

In Zusammenarbeit mit Telemedicus präsentiert Carta jeden Montag zentrale Entwicklungen des Medien- und Informationsrechts. Carta übernimmt den Wochenrückblick mit freundlicher Genehmigung der Autoren. Dieser Wochenrückblick wurde zusammengesteltt von Thomas Mike Peters.

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