#Abmahnungen

Rechtsfragen der Informationsgesellschaft: Löschgesetz, ACTA, Twitter

von , 26.4.10

Erster Entwurf für „Löschgesetz”
„Löschen statt sperren” – so heißt das Credo, dem sich mittlerweile fast alle Bundespolitiker verschrieben haben. Das eigentlich geltende Zugangserschwerungsgesetz hat die Regierungskoalition schlicht außer Kraft gesetzt, ohne es formell aufzuheben – ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der Bundesrepublik. Genau dies soll nun das Löschgesetz leisten. Die Neue Osnabrücker Zeitung hat nach eigenen Angaben einen Entwurf vorliegen, in dem unter anderem „umfassende Melde-, Kontroll- und Dokumentationspflichten des BKA” geschaffen werden – ohne allerdings Netzsperren als ultima ratio vorzusehen.

Streit um Google WLAN-Scanning
Die Street View-Autos scannen auch nach WLANs – das war zwar schon lange bekannt, durch die Medien ging die Nachricht allerdings erst in der vergangenen Woche. Nun streiten nicht nur die Datenschützer, sondern auch die Juristen: Sind WLAN-Kennungen personenbezogene Daten? Ist es notwendig, nun ausgerechnet Google für etwas zur Verantwortung zu ziehen, was andere Unternehmen schon seit Jahren machen? Die Diskussion läuft weiter.

JMStV-E unter schwerem Beschuss
Der Neuentwurf des Jugendmedienschutzstaatsvertrags könnte scheitern – so sieht es aktuell aus. Bereits Mitte der letzten Woche wurde im Rahmen einer Anhörung im Berliner Landesparlament deutlich, dass parteiübergreifend Skepsis besteht. Vor allem die Linkspartei-Regierungsfraktion in Berlin hat massive Bedenken. Einen weiteren schweren Schlag erhielt der Entwurf dann am Samstag: Der FDP-Bundesparteitag verabschiedete einen Beschluss, der die Landtagsfraktionen dazu auffordert, den Entwurf abzulehnen. Begründet ist der Beschluss vor allem mit befürchteten Problemen für „Social Communities”.

ACTA-Entwurf veröffentlicht
Am 21. April wurde er veröffentlicht: Der Entwurf des „Anti Counterfeiting Trade Agreement” (ACTA). Dieses völkerrechtliche Abkommen war bisher in geschlossenen Zirkeln von Vertretern der Industrienationen verhandelt worden, offensichtlich um die ungünstigen Bedingungen in den eingerichteten Verhandlungsräumen wie der WIPO zu umgehen. Dieses Vorgehen rief aber nicht nur die internationale Netzpolitik-Szene auf den Plan, sondern auch das EU-Parlament. Hinzu kam, dass trotz der Geheimhaltung ständig neue ACTA-Entwürfe an die Öffentlichkeit gelangten. Der aktuelle Entwurf ist in vielen Punkten entschärft, schreibt Prof. Metzger in einem Gastbeitrag bei Heise Online, aber es gibt auch weiterhin viele Probleme: Vor allem die Access-Provider wären vielen Eingriffsmaßnahmen ausgesetzt.

FDP-Bundesparteitag votiert für Datenschutz
Auf dem FDP-Bundesparteitag, der am heutigen Sonntag zu Ende ging, hat die FDP unter anderem auch einen umfassenden Antrag zum Datenschutz verabschiedet. Der Text liest sich wie ein Rundumschlag: Es geht gegen die Vorratsdatenspeicherung, ELENA, die elektronische Gesundheitskarte, SWIFT, das PNR-Abkommen oder Körperscanner. Inwieweit die FDP diese Absichtserklärungen in den kommenden Monaten und Jahren umsetzen wird, ist noch offen – zumindest hat sie sich aber konsequent für den Datenschutz positioniert.

Frequenzauktion: Bisher sind 1,5 Milliarden geboten
Die laufende Frequenzauktion kommt langsam in Fahrt: Für die Nutzungsrechte an neuen Mobilfunkfrequenzen wurden bislang Höchstgebote von insgesamt knapp 1,5 Mrd. Euro abgegeben. Besonders begehrt sind dabei die 800 MHz-Frequenzen. Allein für die sechs Frequenzblöcke in diesem Frequenzbereich sind mehr als 1,2 Mrd. Euro geboten worden. Bereits im Vorfeld der Auktion waren mehrere Verfahren gegen die Versteigerung beim Verwaltungsgericht Köln und beim Bundesverwaltungsgericht anhängig. Und auch derzeit wehren sich insbesondere noch Rundfunksender und Kabelnetzbetreiber gegen die geplante Neuvergabe der Frequenzen.

Springer-Verlag mahnt Bildblog ab
Der Axel Springer-Verlag hat die scharfe Kritik des Bildblogs jahrelang hingenommen, ohne juristische Mittel einzuleiten – damit ist es nun vorbei. Nach Angaben des Bildblogs geht es um einen Artikel von Stefan Niggemeier, in dem dieser behauptet hatte, Welt Online habe eine Beschwerde des Presserats nicht veröffentlicht. Das war falsch, gibt auch das Bildblog zu, und gibt an, den Artikel innerhalb weniger Stunden berichtigt zu haben. Die Blogger schalteten ihren Anwalt ein, gaben die geforderte Unterlassungserklärung nicht ab, und bitten nun um Spenden für die Anwaltskosten.

Erste Rechtsstreitigkeiten im Twitter-Recht
In der vergangenen Woche wurden erstmals zwei Rechtsstreitigkeiten bekannt, die ihre Auslöser in Twitter fanden: Zum einen ging es um eine Äußerung, die sich der Twitternutzer zu eigen gemacht haben soll, indem er den Link twitterte – so meint das jedenfalls offenbar das LG Frankfurt, das eine einstweilige Verfügung erließ. In dem anderen Fall geht es um eine sog. Direct Message, die ein Twitternutzer dem anderen schickte – der Empfänger hielt das für Spam und verschickte eine Abmahnung.

In Zusammenarbeit mit Telemedicus präsentiert Carta jeden Montag zentrale Entwicklungen des Medien- und Informationsrechts. Dieser Wochenrückblick wurde zusammengestellt von Simon Möller.

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