#Magna

Opel: Rettungskonstruktion mit Risiko

von , 11.9.09

Das Delikate an dem Opel-Deal, der am 10. September verkündet wurde, ist die Finanzkonstruktion, auf dem er basiert: Das Geschäft kann nur zustande kommen (unterzeichnet ist es ja noch nicht), weil der Staat Kreditzusagen im Gesamtumfang von 4,5 Mrd Euro gibt. Die Bundesregierung steht bereit, einen Teil dieser Summe zu garantieren. Aber auch die übrigen EU-Länder mit Opel-Standorten sollen bürgen. Ob sie das tun werden, ist völlig offen. Die Rückzahlungsdauer für die Staatskredite soll fünf Jahre betragen. Damit der Staat sein Geld auch tatsächlich bekommt, sollen mindestens 30 Prozent des Nettogewinns, den Opel erwirtschaftet, für Zins und Tilgung der Kredite verwendet werden.

Nettogewinn? Allein diese Klausel kann man angesichts eines Opel-Vorsteuerverlusts von voraussichtlich 2,4 Milliarden Euro im laufenden Jahr nur als kühn bezeichnen. Verbessert sich die Einnahme- und damit die Ertragssituation von Opel nicht signifikant, dann müssen bald weitere Bankkredite aufgenommen werden, um überhaupt nur die Zinsen auf die Milliardenschuld zahlen zu können.

Bilanztechnisch betrachtet, stellt sich Opel mit der jetzt angestrebten Lösung also keinen Deut besser, als wenn der Finanzinvestor Ripplewood das Rennen gemacht hätte. Ripplewood hätte, wie jeder Finanzinvestor, Opel mit Schulden überhäuft, unter deren Last das Unternehmen jahrelang gestöhnt hätte. Die Magna/Sberbank/GAZ-Lösung läuft letztlich auf dasselbe hinaus: Durch den Milliarden-Kredit der öffentlichen Hand geht „New Opel“ mit einer Schuldenlast an den Start, die aus dem Cash-Flow des hochdefizitären Unternehmens auf Jahre nicht zu bedienen sein wird – ein leider allzu vertrautes Phänomen, welches wir von ProSieben-SAT1/SBS ebenso „gut“ kennen wie von vielen anderen Transaktionen. Fremdfinanzierte Übernahmen, bei denen die Verbindlichkeiten sogleich auf die Bilanz des Kaufobjekts abgewälzt werden, waren bislang – zumal in Niedrigzinsjahren – das Wesensmerkmal des Private-Equity-Geschäfts. Nun erleben wir etwas Ähnliches – diesmal mit Public Equity. Holzmann lässt – hoffentlich nicht – grüßen.

Heiligt wenigstens der Zweck die Mittel? Geht es hier nicht um die Rettung von 50 000 Arbeitsplätzen und vielen weiteren tausend in der Zulieferindustrie? Natürlich geht es das – übrigens nicht zuletzt beim scheinbaren Sieger Magna, dessen eigentliches Motiv doch darin besteht, einen seiner wichtigsten Abnehmer (und damit sich selbst) mit staatlicher, also Steuerzahlers Hilfe über Wasser zu halten. Davon abgesehen, weiss jedoch niemand, ob durch die jetzt getroffene Vorvereinbarung auch nur ein einziger Arbeitsplatz nachhaltig gerettet wurde. Das Beispiel Philipp Holzmann lehrt, dass der faktische Einstieg des Staates in ein marodes Unternehmen nur noch die letzte Etappe auf dem Weg in die Totalliquidation bedeuten kann. Dann aber werden auch der letzte Job, die letzte Werkbank und das letzte rote Backsteintor in den Schlund gerissen. Bis zum Wahlabend mag der Vorhang vor dem Opel-Stück jetzt erst einmal geschlossen bleiben. Dahinter aber sind fast alle Fragen offen. Vor allem Finanzierungsfragen.

Ebenfalls zum Thema auf Carta: Opel: das deutsche Wahlspektakel, von Ursula Weidenfeld.

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