#Abraham Lincoln

Einer für alle, alle für einen

von , 6.1.09

Barack Obamas parteiübergreifendes Kabinett ist nichts Neues. Grabenüberspannende Regierungen bildeten bereits andere vor ihm. Und soviel Change versprechen seine Personalentscheidungen auch gar nicht.

Change, change, change – warb Barack Obama ohne Unterlass für seine Präsidentschaft. Alles sollte sich wandeln: Politikinhalte, Politikstil und natürlich die Politiker selbst. Schon im Mai vergangenen Jahres ließ Obama durchschimmern, welcher scheinbar einzigartigen Methode er sich bei seiner Kabinettsbildung bedienen werde: Der Kandidat gab bekannt das Buch „Team of Rivals” der Historikerin Doris Kearns Goodwin gelesen zu haben. Sofort entstand das Gerücht, der Demokrat werde, ähnlich wie Übervater Abraham Lincoln während des Bürgerkrieges, sein Kabinett nicht aus altgedienten Freunden und treuen Parteisoldaten zusammenschustern, sondern parteiübergreifend auch ehemalige Rivalen und Republikaner in die Regierung einbinden.

Obamas Ankündigung einer Allparteienregierung sieht nach change auf allen Ebenen aus. Mit seinem pragmatischen, unkomplizierten und vor allem neuen – oder zumindest kürzlich erst wiederentdeckten – personalpolitischen Kniff will er eine zentrale Botschaft seiner Präsidentschaft deutlich machen: Obama steht für das ganze US-amerikanische Volk. Er steht über den Grabenkämpfen zwischen Demokraten und Republikanern, die das Land in den vergangenen Jahren tief gespalten hatten. Und er steht gegen die Politik seines Vorgängers.

Wenn Barack Obama am 20. Januar sein Amt von „W” übernimmt, wechselt mit dem ersten schwarzen Präsidenten der Vereinigten Staaten eine neue Regierungsmannschaft ins Weiße Haus. Komplett neu? Bei weitem nicht:

— Robert Gates, Verteidigungsminister unter Bush jr., bleibt im Amt.

— James Jones, General a.D. wird Sicherheitsberater des Präsidenten. Jones gilt als unabhängiger, auch von Republikanern geschätzter Berater. Außenministerin Condoleezza Rice bot ihm bereits zweimal den Posten ihres Stellvertreters an und konnte ihn schließlich zumindest überreden, US-Sonderbeauftragter für den Nahen Osten zu werden.

— Hillary Clinton, die ehemalige stärkste parteiinterne Konkurrentin Obamas, übernimmt das Außenministerium.

Obama hat seinen „Lincoln” gelesen, vormalige Konkurrenten auf seine Sache eingeschworen und wieder einmal als Erster verstanden, wie moderne Politik funktioniert – möchte man denken: Change eben. Ganz so neu ist die Einbindung vermeintlicher Gegner jedoch nicht: Bereits seit einigen Jahren geht der Trend zur Überparteilichkeit. Gordon Brown und Nicolas Sarkozy haben es vorgemacht:

— In einem geschickten Schachzug besetzte Super-Sarko sein „Kabinett der Öffnung” mit dem Oppositionellen Bernard Kouchner,  der vorher selbst als Präsidentschaftskandidat der Sozialisten gehandelt wurde. Sarkozys Außenminister Kouchner war bereits vier Mal Minister – bisher aber in einer linken Regierung. Ein weiteres bewusstes Zeichen der parteiübergreifenden Öffnung war die Ernennung des Liberalen Hervé Morin als Verteidigungsminister. Morin von der Zentrumspartei UDF stammt aus dem Lager des gescheiterten Präsidentschaftskandidaten Francois Bayrou.

— Auch auf der anderen Seite des Ärmelkanals hatte ein Regierungschef Obamas Personalpolitik vorgegriffen: Gordon Brown, der Mitte 2007 an die Spitze der britischen Regierung gerückt war. Brown kittete allerdings nicht wie Sarkozy Risse über die Parteigrenzen hinweg, sondern innerhalb seines eigenen Lagers. Der Schotte berief David Miliband zum Außenminister und band damit seinen stärksten innerparteilichen Herausforderer in die Kabinettsdisziplin ein. Bisher mit Erfolg.

Soviel Change ist also gar nicht drin, in Obamas Allparteienkabinett. Die Lincoln-Reminiszenz überdeckt, dass sich der Demokrat auf viele bereits bekannte Berater stützt: Namen im Obama-Team wie Rahm Emanuel, Timothy F. Geithner, Peter R. Orszag und Robert E. Rubin rufen alle einen Namen in Erinnerung: Bill Clinton. Grabenübergreifende Personalpolitik ist folglich nicht so neu, wie Obama uns glauben macht. Und auch das Vorbild Lincoln hatte sich die Zusammensetzung seiner Regierungsmannschaft abgeschaut, wie Jordan Mejias von der FAZ schreibt:

„Lincolns Schachzug, wie der Historiker James Oakes darlegt, war gar nicht so neu. Auch John Quincy Adams hatte bereits seinem Rivalen Henry Clay den Außenministerposten anvertraut, und seine Nachfolger Millard Fillmore, Franklin Pierce und James Buchanan folgten einem ähnlichen Modell. Besonders erfolgreich waren alle diese Regierungen nicht.”

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