#Anarchisten

Mit diesen durchgeknallten Maoisten kann man doch nicht Deutschland regieren

von , 25.11.13

Beim „SZ-Führungstreffen Wirtschaft“ (ein SZ-Führungstreffen Kultur gibt es komischerweise nicht) plauderte SZ-Chefredakteur Kurt Kister mit Ex-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück bei Mineralwässern über 5 Euro im Berliner Hotel Adlon. An einer Stelle des „munteren“ Gesprächs (SZ-Eigenlob) fragte der muntere Kurt Kister:

„Apropos Koalitionsoptionen: Sie haben aus historischen, politischen und moralischen Gründen immer eine Koalition mit der Linkspartei im Bund abgelehnt. Jetzt hat es die SPD als Option beschlossen.“

Steinbrück: „Ich habe nichts dagegen.“

Kister: „Sie haben sich also gewandelt?“

Steinbrück: „Nein! Es ist richtig, sich diesem wahnsinnigen medialen Erklärungszwang zu entziehen, ob man nicht am Ende doch mit den Linken koaliert. Das ändert nichts daran, dass die ganze SPD-Führung die Linkspartei bis auf Weiteres für regierungsunfähig hält. Im Westen sehe ich in dieser Partei immer noch Leute, die ich aus dem Studium kenne: Krypto-Anarchisten, KPD/ML, DKP, durchgeknallte Maoisten…“

Interessant an Steinbrücks Antwort ist, dass ihm bei seiner historisch, politisch und moralisch begründeten Ablehnung einer rot-roten Koalition nicht die ostdeutsche, sondern die westdeutsche Erblast einfällt. Die West-Linke, so Steinbrück, sei noch immer (!) von Leuten durchsetzt, die in ihrer Studentenzeit linksradikal, „krypto“ oder maoistisch „durchgeknallt“ waren. Das ist Steinbrücks historische, politische und moralische Begründung für deren heutige Regierungsunfähigkeit.

Man sollte dem Hobby-Historiker Steinbrück, der als Kanzlerkandidat heftig für eine rot-grüne Koalition geworben hat, historisch, politisch und moralisch ein wenig auf die Sprünge helfen. Man sollte ihn z.B. daran erinnern, wie „durchgeknallt“ jene Partei war, mit der er 2013 unbedingt regieren wollte. Auch bei den Grünen agieren ja noch immer Leute, die Peer Steinbrück aus dem Studium kennen dürfte. Auch sie kamen aus jenen „durchgeknallten“ linken Splittergruppen, die dem braven SPD-Mann noch heute Angst einjagen: aus KB, KBW, KPD/AO etc.pp. Jürgen Trittin z.B. oder Winfried Kretschmann (Deutschlands erster ex-maoistischer Ministerpräsident). Oder Antje Vollmer, Marieluise Beck, Andrea Fischer, Kerstin Müller, Hubert Kleinert, Wilfried Maier, Winfried Nachtwei, Ralf Fücks, Reinhard Bütikofer, Krista Sager oder Joscha Schmierer. Sie alle waren mal in „durchgeknallten“ Ihr-wisst-schon-was. Von Daniel Cohn-Bendit und Joschka Fischer gar nicht zu reden.

Man sollte bei dieser Gelegenheit aber auch darauf hinweisen, dass Peer Steinbrücks eigene Partei maßgeblich von Leuten geprägt wurde, die aus solchen „durchgeknallten“ Splittergrüppchen stammten. Das gilt für Willy Brandt, für Herbert Wehner, Ernst Reuter, Fritz Erler, Otto Brenner, Willi Bleicher, Peter von Oertzen, Richard Löwenthal, Fritz Sternberg, Ossip K. Flechtheim, Waldemar von Knoeringen, Walter Fabian, Oskar Negt, Fritz Lamm oder Ulla Schmidt.

Kämen unsere prägenden Politiker alle aus dem Beamtenapparat oder dienten sich als Hilfsreferenten im Öffentlichen Dienst nach oben – wie Peer Steinbrück – hätten SPD und Grüne wahrscheinlich noch nie eine Wahl gewonnen.

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