von Ursula Weidenfeld, 20.8.09
Das Casino ist wieder eröffnet. Aus Guttenbergs Wirtschaftsministerium kommt ein Industrieplan, der von Privatisierungs- und Deregulierungsvorhaben nur so wimmelt. Schlimmer noch: Er beauftragt eine internationale Rechtsanwaltskanzlei mit der Formulierung von Gesetzesvorhaben. Die Banken verdienen an ihrem Teil des Rettungspaketes für die HRE Milliarden. Das sind, kurz gefasst, die jüngsten Skandale aus der Welt des Kapitalismus und der Marktwirtschaft.
Ja und? Stellen wir uns doch nur einmal den jeweils passenden Umkehrskandal vor: Der Wertpapier- und Aktienhandel liegt nach wie vor darnieder. Der Wirtschaftsminister führt eine Liste mit weiteren Verstaatlichungen, geplanten Enteignungen und Maßnahmen zur rigorosen Eindämmung des Wettbewerbs. Der Gesetzentwurf zur Rettung der Banken verzögert sich weiter, weil im Ministerium weder die richtigen Leute sitzen noch die nötige Anzahl von ihnen vorhanden ist. Die Banken verdienen immer noch nix und kippen deshalb auch noch ihren Teil des HRE-Rettungspakets bei der Staatskasse ab.
Die vermeintlichen Skandale der vergangenen Woche sind keine. Sie zeigen nur, dass in den Unternehmen und Banken ganz langsam wieder Normalität einkehrt. Und dass im Ministerium für Wirtschaft wieder über Wirtschaft nachgedacht wird und nicht nur über Ad-hoc-Politik. Das ist eine Normalität, die manchem nicht gefallen mag. Aber es ist die Normalität, die irgendwann wieder für Wachstum, für Gewinne, mehr Steuern und mehr Arbeitsplätze sorgt. Die Normalität die man braucht, um die absehbaren neuen Zuspitzungen der Wirtschaftskrise in diesem Herbst und Winter bewältigen zu können.
Dann ist es vielleicht nicht so schlecht, wenn sich der ein oder andere erinnert, wie es ist, wenn man mal ein paar Monate Geld verdient hat. Oder wenn ein neuer Wirtschaftsminister einer neuen Bundesregierung zumindest noch auf einer Anwaltsrechnung nachlesen kann, wo es Fachleute zur Ausformulierung komplizierter Gesetze gibt.