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Jauch-Berichterstattung: Enteignet Bild hier das Zeit-Magazin?

von , 21.8.09

Am 14. August sagte Springer-Chef Matthias Döpfner im Interview mit der F.A.Z.: “Es kann nicht sein, dass die einen für viel Geld wertvolle Inhalte erstellen und die anderen sie kostenlos kopieren und vermarkten.”

Die Formulierung richtete sich selbstverständlich gegen Google und die von vielen Verlegern als “Enteignung” empfundene Praxis der Indexierung und Veröffentlichung von Artikelanrissen. Es ist schon mehrfach darauf hingewiesen, dass Googles Zitierverhalten weit hinter dem zurückbleibt, was sich viele Publikationen, Redaktionen und Verlage hierzulande leisten.

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Bild-Titelseite 21. August 2009

Ein besonders drastisches Beispiel für  augenscheinlich kostenlose Übernahme und Vermarktung der Inhalte, die andere teuer erstellt haben, bietet wieder einmal die Bild. Der ausladende Aufmacher des Blattes und der dazugehörige Artikel basieren weitestgehend auf einem Interview, das Christoph Amend für das Zeit-Magazin geführt hat. Bild zitiert ausschweifend aus dem Interview als Hauptquelle. Das weist Bild durchaus auch aus. Aber für den millionenfachen Zweitaufguß des von ihm geführen Interviews werden Amend oder der Zeit-Verlag nicht mit einer freiwilligen Überweisung von Springer rechnen können. Lustvoll verweist Bild darauf, aus welchen öffentlich zugänglichen Agenturquellen man die Zitate auch alle zusammengesammelt hat (oder hätte können): (ots/dpa/ddp/ap)

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Jauch-Artikel auf Seite 11: Zweitaufgruss des Amend-Interviews

Auch in ihrem Online-Auftritt hält sich Bild nicht an Minimalstandards fairer Verweise. In der merkwürdig verkürzten Online-Fassung des Artikels wird nicht darauf hingewiesen, dass man das Interview in seiner vollen Länge längst auf Zeit.de lesen kann.

In der Diskussion um Leistungsschutzrecht und Zitierpraxis gibt es augenscheinlich noch eine deutliche Schieflage.

Nachtrag: Wir haben nur mal die direkten Zitate aus dem Zeit-Magazin im Bild-Artikel angestrichen. Das Ergebnis sieht so aus:

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Direkte "Zeit"-Übernahmen bei BILD. Klicken für Vollansicht.

Nachtrag 2: Inzwischen haben sich auch die Kollegen vom Bildblog der Sache angenommen. Schön dort noch der Hinweis: Bild benutzte offenbar honorarfreie Bilder von RTL für den Text. Die Produktionskosten des Bildaufmachers vom Freitag dürften damit bei ca. 25 Euro gelegen haben.

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