#Abwehr

Ist Bundeskanzlerin Merkel erpressbar?

von , 30.10.13

Der NSA-Skandal zieht Kreise. Die UN-Vollversammlung soll sich mit ihm befassen. Der Bundestag plant eine Sondersitzung. Im Gespräch ist auch ein Untersuchungsausschuss, der Licht in den Fall bringen soll. Das wiederum verheißt nichts Gutes. Nach aller Erfahrung werden U-Ausschüsse dazu benutzt, unangenehme Themen zu beerdigen. Ob das beim NSA-Skandal passiert, ist jedoch fraglich. Er könnte Kanzlerin Merkel in die Bredouille bringen.

 

Auswirkungen auf die Union

Als das Thema im Bundestagswahlkampf hoch kam, erweckte sie den Eindruck, als wisse sie nicht, was es mit der flächendeckenden Ausspäh-Aktion der NSA auf sich habe. Nun wurde bekannt, dass auch sie abgehört wurde. Seither steht der Verdacht im Raum, sie habe davon bereits seit längerer Zeit gewusst.

Trifft diese Vermutung nicht zu, stellt sich die Frage, wie und warum ihr dieser massive Angriff auch auf ihre Bürgerrechte entgehen konnte oder vorenthalten wurde. Hat sie davon gewusst, hätte sie die Öffentlichkeit belogen und ihr den massenhaften Bruch der Grundrechte verschwiegen.

Als Motiv für ein solches Verhalten käme die Absicht in Frage, den NSA-Skandal im Wahlkampf flach zu halten, um negative Auswirkungen für die Regierung und die Union zu vermeiden. Träfe das zu, hätte sich Merkel des Wahlbetrugs schuldig gemacht.

 

Die Schutzmechanismen greifen

Zu klären wäre also, was sie wusste und was nicht, was sie verschwieg und was nicht, ob sie täuschte oder nicht, und ob sie log oder nicht. Sie ist seit Jahren abgehört worden. Sie wurde darauf hingewiesen, dass ihr Handy unsicher war. Dennoch wechselte sie es nicht. Mit dieser Unterlassung leistete sie dem Abhören fahrlässig Vorschub.

Auch wenn die Ausspäh-Aktion nur ihr Partei-Handy betraf, stellt sich die Frage: Wurden auf diesem Weg deutsche Interessen verletzt? Vor allem aber lautet die Kernfrage: Ist gewährleistet, dass die Kanzlerin durch das Abhören und die unterlassenen Schutzmaßnahmen nicht erpressbar geworden ist? Die Frage wird bisher nicht aufgeworfen. Eine negative Antwort hätte weitreichende Folgen. Sie müsste Merkels Rücktritt nach sich ziehen.

Lange sah es so aus, als gäbe es nichts, was ihr etwas anhaben könnte. Auch jetzt greifen Mechanismen, die sie schützen. Der NSA-Skandal bewegt die Bürger nur begrenzt. Die Mehrheit vertraut ihr und bedauert sie, statt sie zu kritisieren. Die Medien befassen sich weniger mit ihrer Rolle und ihrem Verhalten als mit der Frage, ob Obama involviert ist.

 

Sorgsam dosierter Unmut

Dennoch hätte der NSA-Skandal das Zeug, für Merkel zur Bruchstelle ihrer Beliebtheit und ihres Ansehens zu werden. Erstmals gibt es ein Thema, hinter dem sich die Merkel-Kritiker aller Schattierungen – auch in der Union – versammeln könnten. Es braucht dann nicht mehr viel Zunder, um einen Flächenbrand auszulösen.

Selbst in dieser kritischen Lage hat Merkel noch Glück. Die SPD ist durch die Verhandlungen über die große Koalition gebunden. Sie kann im Moment nicht so vom Leder ziehen, wie sie das noch im Wahlkampf tat. Zudem ist sie vom Ausspionieren wohl selbst betroffen: Ihr Kanzler Schröder befand sich wahrscheinlich ebenfalls im Visier der NSA.

Bei aller Empörung, die sich nun in der deutschen und europäischen Politik-Szene breit macht, ist zu beobachten, dass nicht mit letzter Konsequenz und Nachdrücklichkeit gegen das Abhören vorgegangen wird. Die Regierungschefs geben ihren Unmut sorgsam dosiert und kontrolliert zum Ausdruck. Dafür gibt es gute Gründe.

 

Es könnte dick kommen

Die Einfalltore für das Abhören sind schwer zu verschließen. Deutschland und Europa fehlen dazu Macht, Wissen und Technik. Würden die USA allzu heftig an den Pranger gestellt, könnte sich die Büchse der Pandora öffnen. Sie könnte viel Trübes ans Licht bringen. Die Bürger könnten entsetzt sein.

Auch China und Russland spionieren in Deutschland und Europa. Sogar Deutschland und andere EU-Staaten spähen aus, und zwar nicht nur andere, sondern auch die Partner in der Europäischen Union. Es könnte ganz dick kommen – für alle. Sie wissen das. Deshalb verhalten sie sich so, wie sie es tun.

 
Crosspost von Post von Horn

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