#Amazon

Ich möchte in diesem Onlineshop nicht kaufen, er ist zerkratzt

von , 7.1.14

Hallo, hallo, neues Jahr, neues Glück. Zeit, über Onlineshopping zu reden. Einfach so, weil es mich drängt.

Ich kaufe fast alles online. Nicht, weil ich meinen lokalen Händler nicht unterstützen möchte, sondern weil Ladengeschäfte für mich ungefähr mit der chinesischen Wasserfolter vergleichbar sind. Ich bin introvertiert und hochsensibel, was den Aufenthalt in einem Geschäft für mich unerträglich macht.

Ständig läuft viel zu laute Musik, ständig versperrt ein rücksichtsloser Mensch mit seinem Einkaufswagen den kompletten Weg, ständig springen übereifrige Verkäufer in meine Komfortzone, und ständig werden Frauen [sic!] davon überrascht, dass sie nach einem Einkauf bezahlen müssen, und beginnen an der Kasse in aller Gemütsruhe, in den Tiefen ihrer Rucksäcke und Handtaschen nach ihrem Portemonnaie zu nesteln.

Ladengeschäfte sind Lärm, sind Menschen, sind Hektik, sind Reizüberflutung. Und natürlich gibt es in Ladengeschäften keine ruhigen Nischen, in die man sich einen Moment zurückziehen kann, um durchzuatmen.

Was ich sagen will, ist: Wenn Sie Ladenbesitzer sind, bin ich nicht Ihre Zielgruppe. Niemals.

Deshalb kaufe ich fast alles online. Wenn ich etwas suche und Sie bieten es online an, dann besteht eine sehr, sehr große Chance, dass ich Ihre Zielgruppe bin. Zudem bin ich sehr loyal. Wenn ich einmal gute Erfahrungen gemacht habe, komme ich immer wieder. Und dann braucht es eine Menge, um mich als Kunden wieder loszuwerden.

Dabei ist mir völlig egal, bei wem ich kaufe, es muss nicht immer Amazon sein. Ich kaufe auch gerne bei kleinen und/oder unbekannten Onlineshops, solange einige Kriterien erfüllt sind, die für mich darüber entscheiden, ob ich einen Onlineshop angenehm finde.

Einige sind so naheliegend, dass es mich schmerzt, sie aufzuführen, aber bei meinen Einkaufstouren im Internet begegnen sie mir immer noch so häufig, dass sie vielleicht doch noch mal gesagt werden können. Sicher ist sicher.

 

1. Zwingen Sie mir kein Kundenkonto auf

Ich habe gefühlt 173 Benutzerkonten quer über das Internet verstreut, und das sind nur die, an die ich mich erinnere. Für jedes muss ich mir ein eigenes Passwort merken und sämtliche Daten wie Adresse, Bankkonto, Kreditkarte, Telefonnummer und Mailadresse hinterlegen.

Im Ernst: Ich kann nicht mehr. Ich will auch nicht mehr. In den meisten Shopsoftwares gibt es die Einstellung, Besucher als Gast, also nur mit einem temporären Profil, bestellen zu lassen. Ohne dass die sich ein Konto anlegen und ein Passwort merken müssen.

In Onlineshops, die diese Möglichkeit nicht bieten, kaufe ich nicht.

 

2. Ich bin ein Kunde, keine Reklametafel

Ich bin in Ihrem Shop, um etwas zu kaufen, nicht, um für Ihren Onlineshop Werbung zu machen. Die Einbindung sozialer Medien ist gut, aber den Besucher noch vor dem Kauf mit bunten Knöpfen, die “DIESEN ARTIKEL TEILEN!” oder “EMPFEHLEN SIE UNSEREN ONLINESHOP!” schreien, zu erschlagen, ist schlecht. Ich empfehle gerne Shops und Produkte, aber nach dem Kauf. Nach dem Erhalt der Ware. Ich möchte erst mal schauen, ob alles reibungslos läuft, bevor ich Werbung für fremde Leute mache.

In Onlineshops, bei denen die Durchdringung sozialer Netzwerke wichtiger ist als zufriedene Kunden, kaufe ich nicht.

 

3. Service ist der Schlüssel zu meinem Herzen

Service ist für mich die Interaktion zwischen Händler und Kunden, die über den Akt des Kaufs hinausgeht; Nachfragen zu Artikeln, Reklamationen, Probleme bei der Lieferung, Kulanzleistungen und ähnliches.

Wenn ich eine Frage habe, will ich nicht länger als 24 Stunden auf eine Antwort warten (Ausnahme: Stoß- oder Ferienzeiten). Wenn sich die Lieferung eines Artikels verzögert, erwarte ich, dass ich von selbst informiert werde, ohne dass ich nachfragen muss. Das gilt besonders in Fällen, in denen ich die Zahlung im Voraus geleistet habe. Das Ganze bitte in einem freundlichen Ton, in ganzen Sätzen und der gebotenen Ausführlichkeit, ohne dass ich noch dreimal nachfragen und dem Mitarbeiter jede Info einzeln aus der Nase ziehen muss.

In Onlineshops, in denen außerhalb der Kaufveranstaltung unhöflich, unvollständig und/oder nur auf Nachfrage mit dem Kunden kommuniziert wird, kaufe ich einmal und dann nie wieder.
 

Foto: Michael Förtsch, CC BY-NC

Foto: Michael Förtsch, CC BY-NC

 

4. Ich möchte vorher wissen, was Sache ist.

Sagen Sie mir, WIE Sie versenden: Ein Versand als Bücher- oder Warensendung dauert mitunter doppelt so lang wie ein Standardversand. Das möchte ich vorher wissen, damit ich weiß, wann ich mit dem Erhalt rechnen kann.

Sagen Sie mir, MIT WEM Sie versenden: Versand mit Hermes oder GLS führt in der Regel dazu, dass ich nicht bestelle. GLS gibt Waren nicht beim Nachbarn ab, sondern deponiert sie am anderen Ende des Viertels in einem “GLS-Shop”. Hermes findet wahlweise unseren Eingang nicht, oder gibt die Bestellung gleich, ohne zu klingeln, woanders ab – gerne auch mal ohne Benachrichtigungskarte.

In Onlineshops, die mich unangenehm überraschen, kaufe ich einmal und dann nie wieder.

 

5. Ich surfe nicht mit iPad, behandeln Sie mich deshalb nicht wie einen Besucher 2. Klasse

Immer mehr Shops und Webseiten stellen auf ein horizontal scrollbares, ganz eindeutig auf Tablets ausgerichtetes Design um.

Horizontales Scrollen an einem großen PC-Monitor gehört für mich jedoch mit zu den demütigendsten Erfahrungen, die ich kenne. Lassen Sie das.

Ein Tablet ist ein Tablet und ein Computermonitor ist ein Computermonitor. Das eine bedient man direkt mit dem Finger, das andere über eine entfernte Steuerung wie Mouse oder Touchpad. Das sind zwei unterschiedliche Dinge. Ich bin nicht unbedingt Freund von responsive Webdesign, also einer Seitendarstellung, die zwischen Smartphone, Tablet und Computer unterscheidet, aber in diesem Fall ziehe ich es eindeutig vor.

In Onlineshops, in denen ich mich als Kunde 2. Klasse fühle, weil ich einen Computer benutze, kaufe ich nicht.

 

6. Schieben Sie mir nichts unter

Wenn ich irgendwo bestelle, achte ich wie ein Teufelsfuchs darauf, keine Newsletter oder sonstigen Benachrichtigungen zu bestellen. Ich hasse Werbespam mit jeder Faser meines Körpers, und ich möchte nie, wirklich niemals, “Produktempfehlungen” bekommen. Ich möchte auch keine gedruckten Kataloge, keine Flyer, keine Gutscheine, keine Pröbchen, keine Geburtstagsmails, kein gar nichts.

Also wache ich mit Argusaugen darüber, ob mir in einem Onlineshop etwas untergeschoben wird und bin daher sicher, dass ich nirgendwo eine Einwilligung gegeben habe. Dennoch kommt es regelmäßig vor, dass mir plötzlich Spam-eMails und Kataloge ins Haus flattern. Lassen Sie das.

Wenn ich beim Anlegen meines Kontos keine ausdrückliche Einwilligung gegeben habe, dann will ich auch im späteren Verlauf nicht mit Werbung belästigt werden, und es ist mir dabei ganz egal, ob das gesetzlich verboten oder erlaubt ist. Das ist einfach ganz, ganz schlechter Stil.

In Onlineshops, von denen ich unaufgefordert mit Werbemails und -briefen zugepflastert werde, obwohl ich niemals ausdrücklich mein Einverständnis per Opt-in gegeben habe, bestelle ich einmal und dann nie wieder.

 

7. Design, von wegen!

Webdesign muss zwei Funktionen erfüllen: Es muss den Inhalt einer Seite ansprechend präsentieren, und es muss als Wegweiser dienen, also den Kunden mit Hilfe von Textdarstellung, Form, Farbe und Anordnung intuitiv durch den Kaufprozess leiten.

Immer öfter sehe ich Onlineshops und Webseiten, die nur noch aus riesigen Bildern bestehen, aus inhaltsleerer Fläche, die schick aussieht, aber keine Funktion hat.

Elemente, die für einen Onlineshop absolut essentiell sind, zum Beispiel der Warenkorb oder der “Kaufen”-Knopf, verbergen sich hinter unverständlichen Symbolen, nichtssagenden Links oder ganz unten auf der Seite, wo man sie weder vermutet noch findet. Unnötiges Scrollen, um zu Inhalten zu gelangen, empfinde ich ebenso als Zumutung wie langes Suchen oder vergebliches Klicken, weil Links nicht eindeutig gekennzeichnet sind.

In solchen Onlineshops kaufe ich nicht.
 
Ich bin natürlich nicht das Maß aller Dinge, wenn ich das auch mit einem gewissen Bedauern zugeben muss. Aber es wäre doch schön, wenn ich auch in Zukunft wieder oder weiter online einkaufen könnte. Vielleicht sogar mal woanders als bei Amazon.
 
Crosspost von Fuck you, I’m human.

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