von Redaktion Carta, 10.12.13
Fünf Jahre Carta, das sind mittlerweile fast 5.800 Beiträge von rund 600 Autoren. Fünf Jahre Carta, das sind mehr als 36.000 Kommentare von Leserinnen und Lesern.
Um digitale Debattenkultur, um argumentative Auseinandersetzung im Netz ging es Robin Meyer-Lucht, als er Carta Ende 2008 als „Plattform der digitalen Öffentlichkeit“ für eine Vielzahl von unterschiedlichen Positionen rund um Politik, Ökonomie und Kultur ins Leben rief.
Carta-Gründer Robin Meyer Lucht 2009
Carta war dabei immer mit dem Ziel verbunden, ein Bewusstsein für die politisch und publizistisch lange vernachlässigten Herausforderungen des digitalen Wandels zu fördern. Insofern war Carta nicht nur Beobachter, sondern auch aktiver Teil des Umbruchs.
» Audio: Robin Meyer-Lucht über Carta, Journalismus und Finanzen im Deutschlandradio
Heute ist das Netz in der Realpolitik angekommen – und Gegenstand intensiver Kontroversen, bei denen auch Journalisten nicht selten Partei sind.
Seit Émile Zolas „Ich klage an…!“ und dem Aufkommen des „Muckraker“-Journalismus in Amerika (durch Upton Sinclair u.a.) stellt sich die Frage „Wie engagiert darf, wie neutral muss Journalismus sein?“ Gilt noch die „Doktrin“ des Fernsehjournalisten Hanns-Joachim Friedrichs: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazugehört.“? Oder muss dieser journalistische Leitsatz heute modifiziert werden?
Seit den Enthüllungen durch Wikileaks, insbesondere seit den Enthüllungen der Snowden-Dateien durch Glenn Greenwald, stellen sich diese Fragen mit neuer Aktualität.
Darüber möchten wir heute Abend um 18.30 Uhr im Berliner BASE_camp in der Mittelstraße 51-53 mit Euch und folgenden Gästen diskutieren:
- Marina Weisband, frühere politische Geschäftsführerin der Piratenpartei
- Juliane Leopold, ZEIT online
- Franz Sommerfeld, Vorstand M.DuMont Schauberg
- Cherno Jobatey, Editorial Director Huffington Post Deutschland
- Wolfgang Michal, Herausgeber Carta.info
Moderiert wird das Gespräch von der Medienjournalistin Vera Linß (Medienjournalistin, Deutschlandradio Kultur Breitband, Online Talk auf DRadio Wissen, ARD-Hörfunk).
Danach wollen wir 5 Jahre Carta feiern. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön für die vielen Geburtstagsgrüße, die uns erreicht haben. Eine kleine Auswahl:
Jana Wuttke, Redakteurin Wissenschaft und Medien (u.a. Breitband), Deutschlandradio Kultur
„Carta war gerade frisch gestartet, als ich das erste längere Gespräch mit Robin führte. Anlass war sein Artikel für den Perlentaucher, in dem er Habermas vorwarf, einen weiteren Strukturwandel der Öffentlichkeit zu verpassen. Im Verlauf einer aufgebrachten, knapp eine Stunde andauernden Argumentation bekam ich eine Ahnung, was ein wirkliches persönliches Interesse an Themen bedeutet. Und dass Länge weder in Gesprächen noch in Artikeln ein Ausschlusskriterium sein sollte. Carta lebt von seinen Autoren. Das ist publizistisch, organisatorisch und finanziell eine Herausforderung. Glaubwürdigkeit, Persönlichkeit und gute Recherche zu fördern ist auch heute nicht einfacher geworden. Damit meine ich nicht nur die inflationär gestellte Frage nach dem Geschäftsmodell. Offenheit und Geschlossenheit von medialen und politischen Systemen sind in erster Linie auch Ergebnis ständiger gesellschaftlicher Machtverschiebungen. Diese Entwicklungen zu analysieren, versuchen bislang nur wenige. Was ich mir wünschen würde: noch mehr Mut, mehr Auseinandersetzung mit strittigen und ungewöhnlichen Positionen.“
Dirk von Gehlen, Journalist und Autor, Süddeutsche Zeitung
„Fünf Netzjahre zählen mindestens mehrfach. Wer fünf Netzjahre durchsteht, hat es verdient eine Institution genannt zu werden. Zumal, wenn dahinter so stets lesenswerte Autoren stecken wie sie auf der Startseite von Carta stehen. Diese habe ich, obwohl regelmäßiger Leser der Autorenplattform, schon lange nicht mehr gesehen. Ich lese Carta auf Hinweis und entdecke gerne und oft spannende Beiträge zum digitalen Wandel. Die Geschwindigkeit, in der sich dieser in den vergangenen Jahren beschleunigt hat, macht mich gewiss: die Carta-Themen werden nicht ausgehen. Für die kommenden fünf Jahre wünsche ich mir etwas mehr Autoren-Netzwerk als Autoren-Plattform, weiterhin Ausdauer, Geduld und Unabhängigkeit und vielleicht etwas mehr Humor. Denn der digitale Wandel kann auch Freude machen. Zum Beispiel wenn eine Institution Geburtstag feiert.“
Stefan Plöchinger, Chefredakteur Süddeutsche.de
„Was mich an Carta interessiert: gute Texte von Leuten, die ich noch nicht so gut kenne oder noch nicht so oft lese. Was mich nicht interessiert: der Unsinn, den ich bei manchen Autoren finde – aber vielleicht gehört das zu einer unabhängigen Autorenplattform, dass sie mehr davon zulässt, was für mich Quatsch ist. Eine Plattform wie Carta braucht es grundsätzlich so sehr, wie es sie nicht braucht, und das teilt sie mit Zeitungen, Fernsehsendern, privaten Blogs und allen möglichen anderen Organen: Sie ist nur relevant, wenn ihre Beiträge relevant sind. Das wünsche ich Carta zum Fünfjährigen, und dass ihre Autoren irgendwann konsistent Geld für ihre Arbeit sehen können.“
Wolfgang Blau, Direktor Digitalstrategie, Guardian News & Media
„Das wichtigste medienpolitische Thema der nächsten Jahre wird sein, welche Rolle öffentlich-rechtliche Medien im Netz spielen sollten und wie sie dabei mit privatwirtschaftlich oder auch non-kommerziell betriebenen Nachrichten-Sites kooperieren könnten. Die Oeffentlich-Rechtlichen changieren in dieser Frage zwischen vorauseilender Selbstaufgabe und Hochmut, die meisten Medienredakteure der Zeitungshäuser neigen noch dazu, den kompletten Rückzug der Oeffentlich-Rechtlichen aus dem Online-Nachrichtenjournalismus zu fordern, was an Fundamentalismus grenzt. Mir fällt kein anderes Medium ein, das für diesen Diskurs so geeignet wäre wie Carta. Carta hat in dieser Frage keine Verlags-Interessen zu beschützen, zugleich aber die Glaubwürdigkeit und den internationalen Horizont, um sowohl das ungenutzte Potenzial des öffentlich-rechtlichen Online-Journalismus, als auch dessen absurde Organisationsform zu diskutieren.“
Peter Glaser, Schriftsteller und Journalist
„Mit Carta verbinde ich die Gravitation, die hervorragende Texte ausüben, wenn sie sich an einem Ort anlagern und ein Planet werden. Genauer gesagt: wenn sie dazu verbunden werden, denn das Handverlesene gehört zu der besonderen Qualität von Carta. Manufaktur, keine algorithmische Aggregation. Die Überlebensfrage „Was können wir, was die Maschine nicht kann?“ finde ich bei Carta deutlich öfter als anderswo beantwortet. Nicht selten gehören zu den hervorragende Texten auch die Kommentarverläufe. Hier ist ein Debattenselbstverständnis herangewachsen, das ich mir an vielen anderen Stellen im Netz noch wünschen würde. Go, Carta!“
Pressemitteilung anlässlich 5 Jahre Carta