von Halina Wawzyniak, 27.7.14
Was passiert, wenn in solchen Bewertungsportalen persönlichkeitsrechtsverletzende Aussagen gemacht werden, dazu hat der BGH in seinem Urteil vom 1. Juli 2014 Ausführungen gemacht. Er hat zunächst einen Unterlassungsanspruch gegen einen Diensteanbieter bejaht, soweit persönlichkeitsrechtsverletzende Inhalte vorliegen. Hinsichtlich der Weitergabe personenbezogener Daten hat er dann ausgeführt:
“Der Betreiber eines Internetportals ist in Ermangelung einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage im Sinne des § 12 Abs. 2 TMG dagegen grundsätzlich nicht befugt, ohne Einwilligung des Nutzers dessen personenbezogene Daten zur Erfüllung eines Auskunftsanspruches wegen Persönlichkeitsverletzung an den Betroffenen zu übermitteln.“
Im vom BGH zu beurteilenden Fall ging es um eine Ärztebewertungsportal. Der Betroffene erreichte zunächst eine Löschung eines negativen Eintrages im Bewertungsportal, als erneut eine negative Bewertung auftauchte, unterblieb eine Löschung. Durch den Betreiber des Bewertungsportals wurde im übrigen nicht bestritten, dass die Behauptungen über den betroffenen Arzt unrichtig sind.
Der BGH argumentiert mit § 12 Abs. 2 TMG. Dieser besagt:
“Der Diensteanbieter darf für die Bereitstellung von Telemedien erhobene personenbezogene Daten für andere Zwecke nur verwenden, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift, die sich ausdrücklich auf Telemedien bezieht, es erlaubt oder der Nutzer eingewilligt hat.”
Der BGH geht von einer engen Zweckbindung der genannten Norm aus, und da eine Einwilligung nicht vorhanden ist, bliebe für die Herausgabe lediglich eine Rechtsvorschrift als Rechtsgrundlage. Der BGH meint, eine solche “Erlaubnis durch Rechtsvorschrift” komme außerhalb des TMG nur in Betracht, wenn sie sich eindeutig auf Telemedien bezieht. Eine Rechtsgrundlage sah der BGH weder im Grundsatz von Treu und Glauben des § 242 BGB, noch im § 14 Abs. 2 TMG, welcher die Bestandsdatenauskunft u.a. zur Strafverfolgung, zur Gefahrenabwehr und bei Urheberrechtsverletzungen regelt.
Eine analoge Anwendung des § 14 Abs. 2 TMG auf Persönlichkeitsrechtsverletzungen lehnte der BGH ab. Zum einen bestehe ein Unterlassungsanspruch gegen den Diensteanbieter und zum anderen handele es sich nicht um eine -für eine Analogie notwenidge- planwidrige Regelungslücke. Denn eine Erweiterung des § 14 Abs. 2 TMG auf Persönlichkeitsrechtsverletzungen sei vom Bundestag in der 16. Legislaturperiode debattiert worden, ohne dass sich das Gesetz entsprechend verändert worden sei.
Das Urteil wird sicherlich die netzpolitische Debatte an der einen oder anderen Stelle noch einmal beleben. Wichtig war und ist mir, dass der § 12 Abs. 6 TMG erhalten bleibt. Dieser verpflichtet Diensteanbieter, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist, die Nutzung von Telemedien und ihre Bezahlung pseudonym und anonym zu ermöglichen.
Die anonyme und pseudonyme Nutzung von Bewertungsportalen, Blogs und anderen Angeboten hat immer wieder zu Debatten geführt. Ich selbst habe die eine oder andere nicht so schöne Erfahrung mit anonymen und pseudonymen Kommentaren (nicht alle habe ich freigeschaltet) auf meinem Blog machen müssen. Aber es zählt für mich zu den Grundsätzen von Demokratie, dass Menschen, ohne ihre Identität offenbaren zu müssen, kommunizieren können.
Sicherlich ist es einfacher, anonym und pseudonym zu pöbeln, aber weil einige diese Möglichkeit nutzen, kann ich nicht einen Grundsatz aufgeben. Menschen, die beispielsweise einen Job haben, in welchem sie in ihrer Meinungsfreiheit eingeschränkt sind, sollen auch die Möglichkeit haben, sich an Kommunikation zu beteiligen. Manchmal geht dies nur pseudonym oder anonym.
Hier ist dann tatsächlich eine Analogie zu einer Versammlung/Veranstaltung möglich. Der Eintritt ist im Regelfall frei, und mensch kann sich zu Wort melden und etwas erklären oder fragen, ohne dass der Name und die Adresse genannt wird. Es ist durchaus möglich, dass niemand anderes im Saal die entsprechende Person kennt.
Wird es strafrechtlich relevant bietet meines Erachtens der § 14 TMG genügend Möglichkeiten, tätig zu werden, und solange ein Unterlassungsanspruch gegeben ist, sind auch die Rechte der Person gewahrt, die findet, ihre/seine Persönlichkeitsrechte wurden verletzt.
Crosspost vom Blog von Halina Wawzyniak