von Thomas Stadler, 29.11.12
Google hat vorgestern die Kampagne “Verteidige Dein Netz” gestartet, was zu einem heftigen und höchst einseitigen Rauschen im Blätterwald geführt hat. Selten waren sich FAZ, SZ, SPON und andere so einig wie mit ihrer Kritik an dieser Kampagne Googles.
Die Reaktion der traditionellen Presse offenbart ein hohes Maß an Heuchelei und stellt ein deutliches Indiz dafür dar, dass es mit der redaktionellen Unabhängigkeit nicht mehr weit her ist.
Google verfolgt mit seinem öffentlichen Aufruf zweifellos eigene wirtschaftliche Interessen und nutzt dafür die Popularität seiner Suchmaschine. Zu einer ausgewogenen Berichterstattung hätte es dann allerdings gehört, deutlich darauf hinzuweisen, dass die Verlage seit mehr als drei Jahren ganz massives Lobbying betreiben und, unter Ausnutzung ihrer Macht und ihres Einflusses, die Regierungsparteien dazu gebracht haben, dass das Leistungsschutzrecht im Bundeskabinett beschlossen und anschließend als Gesetzesentwurf in den Bundestag eingebracht wird. In einem älteren, ebenso einseitigen Kommentar in der FAZ wird zumindest dieser zentrale Aspekt nicht verschwiegen:
Natürlich haben die Verlage in eigener Sache gekämpft – das sollte jeder tun, dessen Grundrechte gefährdet sind.
Aber trifft das auf Google etwa nicht zu? Ist der Hinterzimmer-Lobbyismus der alten Schule, den die Verlage natürlich bestens beherrschen, etwa besser und korrekter als eine offene Kampagne von Google? Liebe Qualitätspresse, mehr Heuchelei war selten.
Was die Verlage hier praktizieren, ist die Durchsetzung ihrer eigenen wirtschaftlicher Zwecke mit Hilfe der Gesetzgebung. Darauf hatte ich schon ganz zu Beginn der Debatte hingewiesen. Google hält – natürlich ebenfalls aus Eigennutz – erwartungsgemäß dagegen.
Man muss sich als Bürger schon deshalb auf die Seite Googles stellen, weil die Grundaussage des Suchmaschinenriesen richtig ist. Das Leistungsschutzrecht gefährdet die Informationsfreiheit und ist nicht im Sinne der Allgemeinheit. Das sage nicht nur ich, sondern das ist praktisch die einhellige Ansicht der Rechtswissenschaft. Die Option, sich rauszuhalten, besteht deshalb für mich nicht. Die Position von Google ist im Kern richtig, und die der Verlage ist falsch.
Dass die Verlage es gerade schaffen, ihre Reihen zu schließen und auch die großen Redaktionen hinter ihrer Forderung zu versammeln, verheißt im Hinblick auf die Unabhängigkeit der Presse nichts Gutes.
Crosspost von Internet Law