von Heiko Hilker, 22.12.09
Was der sächsische Datenschutzbeauftragte Andreas Schurig in seinem jüngsten Tätigkeitsbericht (PDF) über die GEZ-Gebührenbeauftragen zu berichten hat, sortiert auch er selbst in die Kategorie „skurril“ ein:
„Zwei freie Mitarbeiter der GEZ riefen die Polizei in eine Gartensparte, um dort die Personalien des Pächters eines Kleingartens feststellen zu lassen. Sie gaben sich gegenüber den Polizeibeamten wahrheitswidrig als Beschäftigte des MDR aus und behaupteten, dass Ansprüche auf Rundfunkgebühren gegen den Pächter bestünden.“
Mit solch einem Gebaren würden die freien GEZ-Mitarbeiter ihre Kompetenzen weit überschreiben, so Schurig:
„Tatsächlich haben die freien Mitarbeiter der GEZ weder Anspruch auf Amtshilfe noch auf Vollzugshilfe von Seiten der Polizei, da sie nicht Mitarbeiter einer Behörde und auch nicht vertretungsberechtigt für eine der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind. Sie arbeiten vielmehr selbständig auf erfolgsorientierter Provisionsbasis. Dennoch ist das geschilderte Vorgehen von Mitarbeitern der GEZ kein Einzelfall. Sie missbrauchen die Polizei immer wieder als Ermittlungshelfer für privatrechtliche Zwecke.“ (Hervorhebungen Carta)
Die Gebührenkontrolleure seien auch durch Pauschalabfragen an die Meldebehörden negativ aufgefallen, so der Datenschutzbeauftragte. So habe ein Gebührenbeauftragter bei einer Meldebehörde eine Liste aller Einwohner im Alter von 16 bis 28 Jahren, gelistet nach Straße, Hausnummer, Name, Vorname und Geburtsdatum angefordert. Der eifrige GEZ-Beauftrage wollte so offenbar vor allem „PC-Gebühren“ und hohe Nachzahlungen einfordern.
Für Schaurig sind derartige Pauschalauskünfte der Meldebehörden nicht gerechtfertigt. Eine Nachfrage bei Meldebehörden sei nur bei Personen zulässig, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen würden, dass sie ein Rundfunkgerät zum Empfang bereithalten und dies nicht oder nicht umfassend angezeigt haben.
„Dies war vorliegend jedoch nicht der Fall, vielmehr lag lediglich eine bloße Vermutung in Bezug auf eine Gesamtgruppe nicht namentlich bekannter Einwohner anhand nicht substantiiert dargetaner statistischer Erfahrungswerte vor.“
Da es immer wieder zu datenschutzrechtlichen Problemen im Zusammenhang mit der Gebührenerhebung kommt, hat sich Schurig nun entschlossen, die Behörden umfassend zur Vorsicht in Sachen GEZ aufzufordern:
„Ich empfehle den sächsischen Behörden, bei der GEZ zweimal hinzusehen und auch zu prüfen, ob sie Daten übermitteln müssen, bevor der GEZ Daten zur Verfügung gestellt werden.“
Gerade Nachzahlungen über längere Zeiträume sind für die GEZ-Beauftragten besonders attraktiv, weil sie hierbei 40 Prozent der Summe als Provision behalten dürfen. 108 Gebührenbeauftragte beschäftigte der MDR im vergangenen Jahr. Mit ihrer Nachhilfe wurden 37.946 Hörfunk- und 21.443 Fernsehgeräte neu angemeldet. Dies sorgte laut MDR-Geschäftsbericht (PDF) für GEZ-Nachzahlungen in Höhe von rund 8 Mio. Euro, abzüglich Provisionen in Höhe von 3,4 Mio. Euro.
Die durch die GEZ-Gebührenbeauftragten erreichten 4,6 Mio. Euro an zusätzlichen Einnahmen entsprechen jedoch nicht einmal 1 Prozent dessen, was der MDR im vergangenen Jahr allein aus Teilnehmerbeiträgen (556 Mio. Euro) einnahm. Der Imageschaden durch die Mahnung des Datenschutzbeauftragen dürfte fast größer sein als diese Einnahmen.
Politisch folgt aus den Vorgängen, dass ein verbesserter Datenschutz auch im Rundfunkstaatsvertrag verankert werden sollte. Andernfalls droht die GEZ immer mehr zu einer Art “Sozialdatensammelbehörde” zu werden. Bislang verweigern sich die Ministerpräsidenten beharrlich gegen entsprechende Änderungen. Die Sender werden darüber nachdenken müssen, ob es nicht schärferer Sanktionen gegen unrechtmäßige Gebührensammelmethoden bedarf.