#GEZ

Gebührenreform: Was sagen die Parteien? (Update)

von , 10.12.09

Carta hat den medienpolitischen Sprechern aller im Bundestag vertretenen Parteien folgende Fragen zugeschickt:

1. Die Rundfunkgebühr soll reformiert werden. Für welches Modell ist Ihre Partei?

2. Im Rahmen der Reform wird diskutiert, dass Haushalte, die Computer besitzen – aber keine Fernseher, zukünftig die volle Gebühr zahlen sollen. Wie ist Ihre Position hierzu?

Bislang haben FDP, Grüne, die Linke und die SPD geantwortet. Wir dokumentieren hier die ersten Antworten (Hervorhebungen durch Carta). Die CDU war bislang bedauerlicherweise nicht in der Lage, die Fragen zu beantworten. Wir haben die Frage daher noch einmal einer anderen Stelle in der CDU zugeleitet. Wenn alle Antworten vorliegen, werden die die Unterschiede analysieren. Hervorhebungen von Carta.

FDP, Hans Joachim Otto

  1. Die FDP setzt auf die Abschaffung der gerätebezogenen Rundfunkgebühr durch eine allgemeine und pauschale Medienabgabe. Diese müsste von jedem erwachsenen Bürger mit steuerpflichtigen Einkommen getragen werden. Sie wäre einfach, gerecht und niedriger als die jetzige Gebühr. Darüber hinaus würde sie auch der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichtes entsprechen, nach der etwa eine nutzungsabhängige Finanzierung (z.B. “Pay-per-view”) ausgeschlossen ist. Im Koalitionsvertrag wurde verankert, dass die Bundesregierung die seit Jahren kommunizierten Bemühungen der Länder zur Reform der Rundfunkfinanzierung unterstützen soll. In diesem Sinne werde ich mich sowohl als Vorsitzender der FDP-Kommission für Internet und Medien als auch als Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie einsetzen und Vorschläge erarbeiten.
  2. Ich halte den Gerätebezug für eines der größten Probleme des Gebührenregimes. Der Rundfunkgebührenstaatsvertrag spricht von “neuartigen Rundfunkempfangsgeräten”, schon die Bezeichnung lässt erahnen, dass hier nicht mehr von Transparenz gesprochen werden kann. Heute zahlen Sie für einen PC mit Internetzugang und ein modernes Handy, morgen für einen MP3-Player oder eine Steckdose Gebühren. Letztendlich wird auf diese Weise versucht, jeden Bürger – unter Umständen mehrmals! – in die Gebührenpflicht mit einzubeziehen. Konsequenter wäre es dann, auf eine pauschale Abgabe umzusteigen, die dann allerdings nur einmal von jedem erwachsenen Bürger (mit steuerpflichtigem Einkommen) gezahlt werden müsste. Die Vorteile: Transparenz, weniger Bürokratie, die GEZ und ihr datenschutzrechtlich ohnehin bedenklicher Überwachungsapparat könnte endlich abgeschafft werden, es würde keine unfairen Doppelbelastungen mehr geben und insbesondere mittelständische Unternehmen würden ebenfalls entlastet werden. Notwendig ist also eine Strukturreform. Bezogen auf die singuläre Frage der Gebührenpflicht für PC mit Internetzugang halte ich diese nach wie vor für anachronistisch und weder der Innovationskraft noch der Digitalisierung Deutschlands zuträglich.

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Bündnis 90/ Die Grünen, Malte Spitz

  1. Wir Grüne treten für die Einführung einer Mediengebühr ein, die auf Basis  des Haushaltes erhoben wird. Wir wollen die Schnüffelpraxis der GEZ beenden und ein einfacheres aber auch preisgünstigeres System entwickeln.
  2. Die Gebühr wäre zukünftig nicht mehr Personen- und Gerätebezogen sondern Haushaltsbezogen, also egal ob zwei oder vier Abspielgeräte in einem Haushalt vorhanden sind. Wir wollen bei Unternehmen nach Branchenzugehörigkeit die Gebühren staffeln. Unternehmen bzw. Selbständige, die unter 17.500 Euro Umsatz im Jahr machen, sollen ebenso wie BAFÖG-Empfänger, ALG II Empfänger etc. von der Rundfunkgebühr befreit werden. Durch diese Umstellung soll eine Senkung der Gebühren erfolgen und ein transparenteres System sichergestellt werden.

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Die Linke, Heiko Hilker

  1. Die Mehrheit der linken Medienpolitiker tritt für eine modifizierte Rundfunkgebühr ein und ist damit für die Beibehaltung der gerätebezogenen Gebühr, ohne dieses Modell auf Internet und Mobilfunk sowie andere neuartige Rundfunkempfangsgeräte zu übertragen. Dort soll das Rundfunkangebot nach Adressierbarkeit (ähnlich wie bei Online-Zeitungsabos) freigeschaltet werden. Die Linke plädiert deshalb für eine einheitliche Digitalplattform für alle Programmanbieter, die für alle Gebührenzahler zugänglich ist. Die öffentlich-rechtlichen und die privaten Rundfunkanbieter sollten staatsvertraglich verpflichtet werden, ihre Programme über eine solche Plattform einzuspeisen. Damit wären der diskriminierungsfreie Zugang aller Anbieter und die Auffindbarkeit aller Programme garantiert, einheitliche technologische Standards gesetzt sowie Interessen des Verbraucher- und Datenschutzes gewährleistet.
    Aus Sicht der Linken muss der Rundfunkstaatsvertrag unbedingt um weitere soziale Befreiungstatbestände ergänzt werden: für Geringverdiener; Studierende;  Bezieher von Niedrigrenten, die bewusst auf Sozialleistungen verzichten; Arbeitslose in Hartz IV mit geringem Zuverdienst. Zudem sind Monitore in Bibliotheken und Hochschulen sowie Radiogeräte in Feuerwehren von der Rundfunkgebühr zu befreien. Die Zweit- und Drittgebühr für Zweitwohnung, Dienstwagen, Garten bzw. Arbeitszimmer und anderes  sind abzuschaffen. Es ist unsinnig, an einem Ort viele Geräte haben zu dürfen, nicht jedoch an mehreren Orten je ein Gerät. Schließlich kann jeder Mensch zu einem Zeitpunkt faktisch nur ein Gerät nutzen. Wichtig wäre auch, das gesamte Gebührenerhebungs- sowie -befreiungsverfahren zu modifizieren, wie es u.a. die Datenschutzbeauftragten schon seit Jahren fordern.
    Die gerätebezogene Gebühr beizubehalten hat einen wesentlichen Vorteil: Ein Notifizierungsverfahren auf EU-Ebene wäre nicht erforderlich. Wird die Haushaltsabgabe eingeführt, wird über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht mehr autonom in Deutschland, sondern in entscheidenden Punkten in Brüssel entschieden.
  2. Die Linke lehnt eine generelle Rundfunkgebühr auf PCs und Mobiltelefone ab, egal, ob es sich dabei um die Grundgebühr oder die Fernsehgebühr handelt. (Siehe Beschluss des Parteivorstandes vom 6. Juni 2008: Herausforderungen der digitalen Welt begegnen – Grundlagen für eine digitale Medienordnung schaffen). Wir lehnen auch ab, die Gebühr für die „reinen“ Radionutzer von derzeit 5,76 Euro auf 17,98 Euro zu erhöhen. (Allein dadurch werden im Jahr 337 Mio. Euro zusätzlich eingenommen.) Anscheinend dienen die aktuellen Vorschläge dazu, noch einmal die Gebührenbasis zu verbreitern, und so ARD und ZDF ein zusätzliches Einnahmepotential von mehr als 1,17 Mrd. Euro im Jahr zu sichern. (Mehr dazu im Blog Digitale Linke.)

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SPD, Marc Jan Eumann

  1. Für ein einfaches, transparentes und verfassungsfestes Modell – Es hat sich gezeigt, dass das bisherige gerätebezogene Gebührenfestsetzungsverfahren zwar die strengen verfassungsrechtlichen Anforderungen erfüllt (zuletzt BVerfGE 11.9.2007), angesichts der Konvergenz und technischer Hybriden jedoch an Akzeptanzgrenzen stößt. Dabei ist für mich klar: Nicht der gebührenfinanzierte öffentlich-rechtliche Rundfunk steht in diesem Zusammenhang auf dem Prüfstand, das ist die Aufgabe der Nutzer, Gremien etc., sondern die Organisation der Gebühr. Da scheint die sogenannte Haushaltsgebühr einfacher. Ob diese verfassungsrechtlich geboten ist, soll ein Gutachten von Prof. Kirchhoff analysieren.
  2. Die Aufteilung von Grund- und Fernsehgebühr ist nur historisch erklärbar. Grundgebühr = Radiogebühr, später kam das Fernsehen (Fernsehgebühr) hinzu. Diese Aufteilung ist vor dem Hintergrund von Crossmedia überholt. Also: Deswegen eine Gebühr für alles und alle, wobei unterstellt wird, dass in jedem Haushalt mindestens (irgend-) ein Gerät existiert, mit dem öffentlich-rechtlicher Rundfunk empfangen wird.

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Ergänzung: Die Piratenpartei hat sich in einer Pressemitteilung wie folgt zu dem Thema geäußert:

Die Piratenpartei Deutschland spricht sich klar gegen jegliche GEZ-Gebühren für internetfähige Computer und Mobiltelefone aus. Das Internet ist für viele Nutzer ein unverzichtbares Medium geworden. Es sollte daher ohne Hürden für jeden Interessierten zur Verfügung stehen.

Die öffentlich-rechtlichen Internetangebote stellen nur einen minimalen Bruchteil der gesamten verfügbaren Informationen des Internets dar. Sie werden bei weitem nicht von allen Nutzern wahrgenommen. Ähnliche Inhalte stehen bei anderen Anbietern meist kostenfrei zur Verfügung.

»Statt eine hohe Gebühr für internetfähige Endgeräte zu verlangen, sollte darüber nachgedacht werden, wie archivierte Beiträge der öffentlich-rechtlichen Sender allen Nutzern zur Verfügung gestellt werden können.«, sagt Nico Kern, Spitzenkandidat der Piratenpartei bei der kommenden Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. »Diese Inhalte wurden mit GEZ-Beiträgen finanziert und sollten daher jederzeit frei zugänglich sein. Wenn man bedenkt, dass der Staat jährlich rund 7,5 Milliarden Euro an GEZ-Gebühren einnimmt, fragt man sich als Nutzer, wofür dieses Geld verwendet wird und warum es für solche grundlegenden Angebote nicht vorhanden ist.«

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CDU

Von der CDU hat uns bisher leider keine Antwort erreicht. Laut Welt v. 14.12. spricht sich Wolfgang Börnsen, medienpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, für eine Haushaltsabgabe aus.

Update: Andreas Krautscheid, NRW-Medienminister, antwortet:

  1. In diesem Thema gibt es derzeit noch keine parteipolitische Festlegung, die ist auch im Zweifel nicht erforderlich: entscheiden müssen diese Frage parteiübergreifend 16 Ministerpräsidenten, und zwar in jedem Fall einstimmig, da es um staatsvertragliche Regelungen geht. Es ist zwar interessant und legitim, wenn sich derzeit Bundestagspolitiker einzelner Parteien äußern, entscheiden wird aber nicht der Bundestag.
  2. Wir reden über den Gebührenzeitraum ab 2013, die Abstimmung zwischen den Ministerpräsidenten wird erst Mitte nächsten Jahres auf die Zielgerade gehen. Für meinen Geschmack sind viele rechtliche Einzelfragen – etwa im Zusammenhang mit einer möglichen Haushaltsabgabe – noch ungeklärt. Gerne vergessen in diesem Zusammenhang wird die Tatsache, dass das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, dass die Gebühr nicht für den tatsächlichen „Konsum“ von öffentlich-rechtlichem Rundfunk erhoben wird, sondern für die „Möglichkeit“ des Konsums. Das kann einem gefallen oder nicht, aber es ist geltendes Recht, an dem sich der Gesetzgeber zu orientieren hat. Dieser Gedanke liegt ja beiden derzeit diskutierten Modellen – Haushaltsabgabe wie auch einer modifizierten Geräteabgabe – zu Grunde: die Gebühr wird erhoben für die Bereitstellung des Empfangs. Dieser Empfang kann schon heute (und in Zukunft sicher verstärkt) nicht nur durch Endgeräte wie Fernseher, sondern eben auch auf PC’s und Handhelds erfolgen. Im Moment ist die Chance via Internetradio sicher größer als im TV-Bereich. Deshalb ist derzeit die Gebühr für Leute, die keinen Fernseher nutzen, aber andere Endgeräte haben, abgesenkt. Im nächsten Jahr wird zu entscheiden sein, ob es ab 2013 eine einheitliche Gebühr geben soll.

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