#Bankenkrise

Das Beste aus den 90ern und von heute? Die FAZ und ihr neues Finanzportal

von , 21.2.09


Geld ist ein ernstes Thema. Dieser Eindruck jedenfalls entsteht sofort, wenn man das neue Finanzportal der FAZ betritt. Denn auf den ersten Blick dominieren Blau- und Grautöne, dazu signalisieren animierte Newsticker im Stil des Internets der 90er Jahre die Aktualität von Nachrichten und Indizes. Damit will man Deutschland größtes Finanzportal werden?

Was auf den ersten Blick wenig spektakulär anmutet, täuscht. Denn die Plattform hat durchaus ihre Besonderheiten. Dazu muss der User allerdings erst einmal die “Tools” entdecken. Das sind kleine Rechenprogramme, anhand derer man sich zu praktisch jeder nur denkbaren Produktkategorie Renditen, Laufzeiten oder eine Ratenhöhe ermitteln lassen kann. In einigen Bereichen sind auch reale Angebotsdaten hinterlegt, so dass man einen Überblick über das Marktangebot erhält und sich Rankings anzeigen lassen kann.

Dass es im Beta-Betrieb hier und da noch etwas klemmt, ist nicht weiter schlimm: So wird unter den Alternativen zu Bundesschatzbriefen etwa ein Produkt der Sparda-Bank Münster beschrieben, das angeblich “in voller Höhe durch die deutsche Sparkassenorganisation” gesichert ist. Darüber kann man schmunzeln. Ärgerlicherer ist schon, dass die Sparda-Bank hier nicht aktiv verlinkt ist.

Dem hoch gesteckten Anspruch, Information mit Beratung zu verknüpfen, kommt man bei der FAZ also schon recht nahe, wenn auch eine entscheidende Komponente noch fehlt: Ein Produktvergleich über verschiedene Gattungen hinweg. Denn wer etwa Geld anlegen möchte, könnte Aktien kaufen oder auch festzverzinsliche Wertpapiere. Das Portal lässt es aber weder zu, dass der User sich ein individuelles Risikoprofil gibt, noch kann es Risikovergleiche zwischen den Produktgattungen erstellen.

Auch an anderer Stelle klafft noch eine Lücke: Vom Web 2.0 hat dieses Portal nämlich noch nichts gehört. Es gibt keine Kontakt- oder Dialogmöglichkeiten mit anderen Usern und es gibt auch nichts zu bewerten, kommentieren oder bookmarken. Das halte ich für einen großen Fehler.

Denn dabei geht es nicht um eine oberflächliche Adaption von Applikationen, die gerade en vogue sind. Vielmehr müsste das Portal der FAZ seinen Usern die Möglichkeit eröffnen, von Effekten wie der “Wisdom of Crowds” bzw. dem “Crowdsourcing” zu profitieren. Die User sollten also selbst etwas beitragen können, so dass das Portal dadurch für alle Beteiligten nützlicher wird.

Zudem sollte man nicht unterschätzen, dass jüngere Menschen das Internet nicht so sehr als Medium (zur Information) begreifen, sondern als Raum der Begegnung sehen. Dieser Aspekt kommt hier noch entschieden zu kurz.

Abschließend wäre vielleicht noch die Frage zu stellen, ob so ein Finanzportal angesichts der aktuellen Wirtschaftskrise nicht etwas zu spät kommt. Immerhin aber hat die FAZ die dazu passende Debatte schon im eigenen Haus: Don Alphonso (“Stützen der Gesellschaft”) diskutiert in seinem Blog frank und frei über Goldmünzen und Silberkannen als Anlagewährung und lässt dabei auch das Thema Selbstverteidung (Schiessscharten am eigenen Haus) nicht aus. Alles in allem ist die FAZ also schon auf dem richtigen Weg

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