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Facebook Places: Ich bin hier, wie sag ich’s dir?

von , 20.8.10

Nun mischt also auch Facebook im Bereich der Location Based Services mit, ein Schritt der lange schon erwartet worden war. Mit der Funktion Places können die User ab jetzt ihren genauen Standort mitteilen (vorläufig erst in den USA, das weltweite Rollout folgt nach und nach). Wer das bisher schon praktizieren wollte, musste dafür Dienste wie Foursquare oder Gowalla nutzen, wo man der neuen Konkurrenz mit gemischten Gefühlen entgegen sieht.

Denn allgemein wird erwartet, dass Facebook mit seinen über 500 Millionen Usern damit den Durchbruch für diese Technologie bringen und Diensten wie Foursquare das Leben schwer machen wird: Immerhin hat Facebook in Deutschland rund 2 Millionen Mitglieder, während Foursquare nur auf etwa 20.000 kommt, wie Holger Schmidt in der FAZ eine Hamburger Agentur zitiert. Diese Zahlenrelation stimmt natürlich, aber der Schlussfolgerung muss man nicht unbedingt folgen.

Denn es erstaunt, dass hier einer (technischen) Funktion eine große Zukunft vorausgesagt wird, die kaum jemand in dieser Form braucht: Die jugendlichen Viel-Nutzer von Social Networks wie Facebook wissen ohnehin genau, wo sich die einzelnen Mitglieder ihrer Clique gerade befinden – denn das ist ein permanentes Gesprächsthema, nur eben in “verbaler” Form. Nicht ganz so avancierte Zeitgenossen nutzen für so etwas oft genug noch die gute alte SMS, nicht zuletzt um mitzuteilen, dass man “gut angekommen” ist.

Diese einfachen, verbalen Standort-Mitteilungen sind in technischer Hinsicht natürlich plump und rückschrittlich, während die neueren Location Based Services in Form von Applikationen auf Smartphones elegant scheinen und den neuesten Stand des technischen Fortschritts repräsentieren.

Allein die alte Verbal-Technik hat einen großen Vorteil: Sie ist diskret und bietet optimalen Datenschutz, weil derzeit noch kein Dienst der Welt Ortsangaben aus geschriebenen Texten zuverlässig auslesen und speichern kann. Wer also seinen Freunden mitteilen will, wo er sich gerade aufhält, kann dafür Facebook nutzen, ohne dass Facebook davon erfährt!

Ein weiterer Punkt, warum Foursquare, Gowalla und andere bislang nicht so recht aus ihrer Marktnische herausgekommen sind, könnte darin liegen, dass diese Dienste im Kern nur eine technisch sehr exakte Funktion bieten, während die Mehrheit der Menschen wohl viel umfassender kommunizieren will: Nicht nur wo man gerade ist, sondern auch was dort los ist und wie man sich selbst fühlt – das Mitteilungsbedürfnis reduziert sich selten auf eine reine Ortsangabe. Am Rande sei bemerkt, dass Twitter seit einigen Wochen ebenfalls Positionsangaben ermöglicht, ohne dass dies den Dienst erkennbar nach vorn gebracht hätte.

Damit bleibt abzuwarten, wie sich Facebook Places entwickeln wird. Denkbar ist jedoch, dass der Dienst in einer ganz anderen Hinsicht zum Erfolg wird, die Facebook bisher noch nicht aktiv bewirbt: Denn die Funktion der Lokalisierung kann von Unternehmen und Organisationen aller Art genutzt werden, um auf konkrete Orte hinzuweisen und so das Publikum anzuziehen.

Das können Sonderangebote in einzelnen Filialen sein, oder temporäre Aktionsflächen in der Fussgängerzone. Auch Carrotmobs und politische Demonstrationen werden davon profitieren können. Für all das war das Internet bisher nur eine Art diffuse Mitteilungsebene mit viel zu breiter Streuung, die sich nicht auf ein lokales Publikum ausrichten ließ. Das wird künftig anders werden und Facebook ist genau dafür eigentlich sehr gut aufgestellt.

Insbesondere, wenn man den Vergleich zu Twitter sieht: Facebook bietet mit seinen Seiten (für Marken, Produkte, Unternehmen) eine Art feste “Anlaufstelle” neben der Tatsache, dass die Inhalte von dort auch in der Timeline der Fans bzw. Freunde sichtbar werden. Wer also die Mitteilung erhält, dass in seiner Nähe ein interessantes Event stattfindet, kann, ohne Facebook zu verlassen, auf der jeweiligen Seite weitere Informationen abrufen. Dieses Element fehlt Twitter, wo dazu extern verlinkt werden muss.

Insgesamt also sind Geolocations ein durchaus interessanter Ansatz, dessen Markt sich aber eher aus der anderen Richtung entwickeln könnte: Nicht ich teile der Welt mit, wo ich gerade bin (was außer datenhungrige Unternehmen wie Apple, Facebook und Google ohnehin kaum jemanden interessiert), sondern die Welt teilt mir mit, was in meiner Umgebung gerade Interessantes passiert.

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