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Erkleckliche Zusatzeinkommen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk über Tochter-Firmen

von , 29.4.10

Es scheint ein schönes und einträgliches Modell. Erst gründen die Intendanten Töchterunternehmen, um die Aufgaben besser erfüllen zu können. Dann sitzen sie mit weiteren Sendervertretern, Gremienmitgliedern und Dritten in deren Aufsichtsgremien – und lassen sich dies vergüten, obwohl es weiterhin nichts als ihre ursprüngliche Arbeit ist.

Natürlich werden die Töchter und Enkel gegründet, um sich neu ergebenden Aufgaben gerecht zu werden. Und natürlich habe man in den Aufsichtsgremien richtig viel zu tun. Und dies – wie auch insbesondere die zusätzliche Verantwortung – muss auch honoriert werden, oder?

So zahlte die ARD-Produktionsfirma Bavaria Film GmbH den 18 Mitgliedern des Aufsichtsrats, darunter auch Rundfunkratsvorsitzende und Verwaltungsratsmitglieder, laut Bilanz 2008 stolze 490 000 Euro. Stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende waren in dem Geschäftsjahr der SWR-Intendant und jetzige ARD-Vorsitzende Peter Boudgoust, BR-Intendant Thomas Gruber und MDR-Intendant Udo Reiter. So zumindest Bild.de heute.

Auskunft darüber, wer wie viel für was bekommt, möchte die MDR-Pressestelle nicht erteilen. „Wie auch bei der Anfrage der BILD-Zeitung zu Gehältern, Vergütungen etc. von Moderatoren müssen wir Ihnen leider auch diesmal mitteilen, dass wir prinzipiell zu diesen Themen keine Auskünfte erteilen können.“

Und die Bavaria Film GmbH ist nicht die einzige Firma. Jede ARD-Anstalt hat eine eigene Werbetochter. Die ARD-Anstalten sind insgesamt an 147 Unternehmen beteiligt.

Viele Bundesländer haben Informationsfreiheitsgesetze. Diese verpflichten Behörden und Regierungen z.B. Einblicke in Verträge zu gewähren. Dies gilt auch für staatliche Töchter. Doch für die öffentlich-rechtlichen Anstalten gilt dies anscheinend nicht. Sie meinen nicht den Informationsfreiheitsgesetzen zu unterliegen, sie seien ja schließlich keine Behörden. Und dies, obwohl sie doch zum einen wie diese fast von allen Bürgerinnen und Bürger finanziert werden und zum anderen von Behörden und Regierungen immer mal wieder auch zu solchen Fragen detailliert Auskunft verlangen. Hier wird anscheinend mit zweierlei Maß gemessen. Die Informationsfreiheit soll für die Anstalten anscheinend nicht gelten.

Eine Offenlegung würde wohl kaum der Medienfreiheit schaden. Doch vielleicht ist es so besser für den Ruf der Anstalten. Bisher „verdienen“ die Intendanten schon mehr als ein Ministerpräsident. Und es ist wohl kaum so, dass weitere Zubrote, die in fünfstelligen Bereichen liegen, die Unabhängigkeit der Intendanten stärken. Es würde verstärkt die Frage aufwerfen, warum ein Intendant mehr „wert“ ist als ein Ministerpräsident. Und ob Gremienmitglieder, die für ihre Tätigkeit in solchen Aufsichtsräten mehr bekommen als für ihre Tätigkeit im Rundfunk- bzw. Verwaltungsrat ihres Senders, im Konfliktfall noch die Interessen des Senders und des Gremiums vertreten – oder ob sie nicht die Seiten wechseln. Überprüfen lässt sich dies nicht so leicht. Denn sie werden kaum offen über das berichten, was in der Bavaria Film beschlossen wurde. Zumindest kann ich mich nicht daran erinnern, dass Karl Gerhold, der seit Jahren im MDR-Verwaltungsrat sitzt, in den letzten 12 Monaten einmal den MDR-Rundfunkrat über entsprechende Beschlüsse des Aufsichtsrates der Bavaria Film GmbH informiert hat.

Die Intendanten müssen zwei Fragen beantworten: warum legen ARD und ZDF nicht die Vergütungen aller Aufsichtsratsmandate in allen Töchtern und Enkeln endlich offen? Warum regeln ARD und ZDF nicht, dass ihre Führungskader diese zusätzlichen Einnahmen an die Anstalten abzuführen haben?

Für die Intendanten sollte gelten: Wer immer wieder über zu geringen Einnahmen klagt und Katastrophenszenarien an die Wand malt, der sollte als erstes ein Prinzip der öffentlichen Verwaltung einführen: Angestellte von ARD und ZDF mit außertariflichen Verträgen führen diese zusätzlichen Einnahmen an die Anstalten ab.

Wer mit Gebührengeldern arbeitet, der ist auf Euro und Cent rechenschaftspflichtig. Wer das nicht möchte, der sollte sich privatisieren und auf die Gebühren verzichten.

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