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Einige Anmerkungen zur aktuellen Entwicklung im Bereich Mobile Payments

von , 23.8.14

Selbst für Branchenkenner ist es schwierig, mit der Entwicklung im Bereich Mobile Payments Schritt zu halten. Jedoch lassen sich unterhalb der Oberfläche einige Muster erkennen, die für die Branche in den nächsten Jahren prägend sein werden.

 

Druck auf die Banken wird sich durch neue Lösungen und Mitbewerber noch erhöhen

Inzwischen scheinen die Banken erkannt zu haben, dass sie auf dem besten Wege sind, in einer ihrer Königsdisziplinen, dem Zahlungsverkehr, den Anschluss zu verlieren und künftig nur noch für die reine Transaktionsabwicklung benötigt zu werden. Der Platz zwischen den Banken und den Kunden wird immer häufiger von etablierten Anbietern wie PayPal, facebook und Amazon oder aufstrebenden FinTech-Startups eingenommen. Ausgefeilte analytische Applikationen versetzten die Herausforderer in die Lage, den Kunden passgenaue Angebote zu unterbreiten, noch ehe eine Bank auch nur eine Ahnung von dem Bedarf bekommen hat.

 

Verlagerung der Kundeninteraktion und die Entstehung neuer Geschäftsmodelle

Es ist wohl kaum noch strittig, dass die Interaktion mit den Kunden sich in Zukunft vorwiegend über die digitalen Kommunikationskanäle, wie Smartphones, PCs und Tablet-PCs, abspielen wird. Diese Entwicklung spielt Anbietern in die Hände, die bereits über große Erfahrungen bei der Kundeninteraktion über digitale Kanäle verfügen, wie PayPal, facebook, Apple, Amazon und Square.

Der Aktionsradius beschränkt sich dabei keineswegs “nur” auf die Privatkunden. Inzwischen drängen PayPal und Square verstärkt in das Segment der Unternehmensfinanzierung bzw. des Financial Supply Managements. Die wachsende Akzeptanz von Social Media bei der Abwicklung von Bankgeschäften verschafft Unternehmen wie facebook mit seiner hohen Anzahl von Nutzern einen nicht zu unterschätzenden Vorteil. Nicht viel anders verhält es sich mit Apple und Amazon – und nicht zu vergessen: den großen Telekommunikationsunternehmen und Einzelhandelskonzernen.

Alles in allem nimmt die Disintermediation im Banking zu. Die Banken werden als Hauptanlaufstelle in Fragen der Zahlungsabwicklung und Finanzierung von neuen bzw. branchenfremden Anbietern immer häufiger abgelöst. Neue Geschäftsmodelle, wie im Bereich Financial Supply Management, sind bereits im Entstehen, die den beschriebenen Trend noch verstärken können.

 

Technologische und soziale Innovationen

Derzeit erleben wir bei den Mobile Payments einen Wettlauf zwischen verschiedenen Technologien (NFC, Bluetooth, Host Card Emulation, mPos etc.), wobei sich noch nicht abschätzen lässt, welche davon sich auf Dauer durchsetzten wird. Weitere offene Fragen in dem Zusammenhang sind:

  • Welche Bedeutung/Verbreitung haben Micropayments in Zukunft?
  • Wie verteilen sich Zahlungen im Offline- und im Online-Modus?
  • Wie wahrscheinlich ist es, dass eine Lösung – eine “Killer-App” – die verschiedenen Kundenbedürfnisse bedienen kann?
  • Welche Bündnisse/Kooperationen zwischen Internet-Konzernen, Telekommunikationsunternehmen, Einzelhandelskonzernen, FinTech-Startups und Banken sind möglich, und welchen könnte es gelingen, einen allgemein akzeptierten Standard zu etablieren?
  • Welche Rolle spielen die digitalen Währungen bzw. die sog. Digital Assets in Zukunft? Können sie in absehbarer Zukunft weite Teile der Zahlungsverkehrsinfrastruktur so verändern, dass völlig neue Konstellationen entstehen?
  • Werden sich wirklich die besten und kundenfreundlichste Lösungen am Markt durchsetzten, oder diejenigen, die eine große Marktmacht und Finanzkraft hinter sich vereinen können?
  • Welchen Einfluss werden soziale Innovationen wie Crowdfunding, Crowdsourcing, Collaboration, Sharing-Economy auf Mobile Payments ausüben?
  • Wie verändert sich das Kundenverhalten, wie verläuft der Wertewandel in den nächsten Jahren – in Richtung von (noch) mehr Mobilität und Digitalisierung und/oder neigen Kunden mehr zu Fragen der Sicherheit und der gesellschaftlichen Verantwortung?
  • Bekommen wir eine bargeldlose Gesellschaft?

Ausblick

Der Bereich Mobile Payments wird zum Testfall für die Frage, ob und inwieweit es den Banken gelingt, den neuen Herausforderern Paroli zu bieten. Es ist fraglich, ob eine Bankengruppe alleine dazu in der Lage ist. Kooperationen der Banken untereinander können ein Weg sein, um den Vorsprung von Anbietern wie PayPal aufzuholen.

Jedoch reagierte der Technologie-Vorstand von PayPal, James Barrese, in einem Interview mit der FR auf den Hinweis, dass die deutschen Banken derzeit an einer PayPal-Alternative arbeiten, demonstrativ gelassen:
 

Die sollen ruhig mal machen. Was ich zu bedenken gebe, ist dass wir hier einen Vorsprung von 15 Jahren haben.

 

Wer sich für die Zukunft der mobilen Bezahlverfahren interessiert, tut gut daran, den Blick hin und wieder nach Afrika zu richten. Dort zeichnet sich eine Entwicklung ab, die auch in anderen Ländern in der einen oder anderen Form eintreten kann.

Wie im WSJ zu lesen war, ist in Kenia die Equity Bank dabei, den Spieß umzudrehen und dem Zahlungsdienst M-Pesa, hinter dem u.a. Vodafone steht, Konkurrenz zu machen. Hierfür erwarb die Equity Bank eigens eine Telekomlizenz.

In Zimbabwe geht das Telekommunikationsunternehmen Econet mit der Übernahme der TN Bank den entgegengesetzten Weg. Überhaupt hat der Chef von Econet, Strive Masiyiwa, schon recht konkrete Vorstellungen davon, wie das Bankgeschäft der Zukunft in Afrika, und vielleicht nicht nur dort, aussehen könnte.
 
Crosspost von Bankstil

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