Eigenanzeigen der Regierung: Mehr Transparenz!

von , 12.5.11

95 Millionen Euro geben die österreichische Regierung, die Gebietskörperschaften und staatsnahe Unternehmen jährlich für Inserate aus – und das Gros dieses Werbeaufwands kommt offenbar den großen Gratis- und Boulevardblättern zugute.

Gerade mal 1,7 Millionen Euro staatlicher Gelder stehen dagegen in einem anderen Topf für Journalistenausbildung, für die Förderung des Korrespondentennetzes und die Leseförderung zur Verfügung, knapp 11 Millionen Euro werden an indirekten Subventionen an Zeitungsverlage zur Vertriebsförderung und zur Förderung der regionalen Vielfalt von Tageszeitungen ausgeschüttet.

Allein schon dieses krasse Missverhältnis macht deutlich, wie wichtig die Forderung nach Transparenz ist – generell bei Ausgaben, die vom Steuerzahler finanziert werden, und speziell bei der Vergabe von Anzeigen, die mit öffentlichen Geldern finanziert werden. Mitunter entscheiden solche Zuwendungen ja sogar darüber, ob bestimmte Presseprodukte am Leben bleiben.

Der Verband Österreichischer Zeitungsverleger hat beim „Tag des Qualitätsjournalismus“, den er vorige Woche erstmals in Österreich ausrief, nachhaltig für solche Transparenz geworben. Die Steuerzahler haben natürlich ein Recht zu erfahren, was der Staat mit ihrem sauer verdienten Geld anfängt.

Merkwürdig ist aber auch, wenn für Zwecke, die zweifelsfrei dem Qualitätsjournalismus aufhelfen, mal gerade ein Fünfundfünfzigstel dessen zur Verfügung steht, was öffentliche Institutionen für Eigeninserate aufwenden. Obendrein – so haben das jedenfalls mehrere Insider glaubhaft versichert – kommt offenbar ein Grossteil dieses Werbeaufwands gerade solchen Redaktionen zugute, die wenig in journalistische Qualität investieren, soll heissen: Redaktionen, die eher regierungsfreundlich berichten und nicht allzu viele kritische Fragen stellen.

Wird nicht offengelegt, wer vom Werbekuchen wieviel bekommt, ist der Korruption Tür und Tor geöffnet.

Diese Kolumne schreibt Stephan Russ-Mohl für die österreichische Wochenzeitung “Die Furche“. Carta übernimmt sie regelmäßig mit freundlicher Genehmigung.

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