#Bildzeitung

Die Revolution der alten Säcke

von , 22.5.13

Chefredakteure, die etwas auf sich halten, sind ja heute Role-Models, Gegenstand der Berichterstattung im Vermischten: bisschen Show-Biz, bisschen Spekulation. Sie vertreten ihre Blätter nicht mehr als steife Krawattenträger beim Internationalen Frühschoppen, sie verkörpern sie als Gesamtkunstwerk, sie stellen sich an die Spitze der Bewegung. Dagegen sehen viele „Digital Natives“ im Netz richtig alt und richtig seriös aus.

Der 76-jährige Markwort investiert nun zusammen mit anderen „Medien-Bellheims“ in ein kostenloses Anzeigenblättchen, weil Journalismus ja eh von gestern ist. Und Bild-Chef Kai Diekmann will die redaktionellen Abläufe radikal verändern und die „unverwechselbaren“ Geschichten seiner Bildzeitung künftig von „Geschichten-Ownern“ betreuen lassen. Und da bei der ganzen Ownerei auch wahnsinnig viel umgeschichtet werden muss, sollen bald viele Kollegen von ihren Arbeitplätzen ent-owned werden. So sprach der kalifornische Spät-Hippie sein Fazit (zuhause zittern die morschen Knochen).

Eine Revolution, das wissen die Alten natürlich, verlangt zuallererst Opfer (von den anderen) und das laute Schlagen der Trommel. Und wenn man einen Batzen Geld im Rücken hat, kann man auch locker herumspinnen. Während die Jungen ihre lousy pennies für Innovationen und Equipment beim Crowdfunding zusammenkratzen müssen, holen die Alten mal eben ihr privates 68 nach. Natürlich nicht im Strahl der Wasserwerfer, sondern auf dem Medien-Laufsteg und dick gepolstert mit Geld.

P.S. Von den Auflagenverlusten des Focus (-22 Prozent in den letzten 5 Jahren) und der Bildzeitung (-24 Prozent in den letzten 5 Jahren) soll hier aus Respekt vor den Revolutionären nicht die Rede sein.

 

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