von Robin Meyer-Lucht, 15.9.10
Als im vergangenen Herbst die Verhandlungen zwischen den Bundesländern über die Reform der Rundfunkgebühr stockten, wurde kurzerhand ein sehr prominenter Gutachter benannt: Der ehemalige Verfassungsrichter Paul Kirchhof wurde beauftragt, die Unbedenklichkeit einer Haushaltsabgabe zu prüfen.
Das Gutachten bezahlten damals nicht etwa die Länder, sondern ARD und ZDF – also die Betroffenen. Die Höhe des Gutachterhonorars wurde nie bekannt gegeben. Das Ergebnis gefiel Chefmedienpolitiker Kurt Beck ausgezeichnet – die Festlegung auf die Haushaltsabgabe folgte.
Als im Zuge des Drei-Stufen-Tests Unstimmigkeiten darüber herrschten, wie das Verbot “presseähnlicher” Online-Angebote durch die Rundfunkanstalten zu interpretieren wäre, wurde wieder ein sehr prominenter Gutachter gefunden: Der ehemalige Verfassungsrichter Hans-Jürgen Papier wurde gebeten, das Spannungsverhältnis von Rundfunk- und Pressefreiheit im Internet zu klären.
Bezahlt wurde das Gutachten von ARD und ZDF. Die Höhe des Gutachterhonorars wurde nie bekannt gegeben. Das Ergebnis gefiel den Rundfunkräten ausgezeichnet – bis auf weiteres scheint der Diskurs um die Presseähnlichkeit zugunsten der öffentlich-rechtlichen Anstalten beendet.
Nun gibt es wieder ein medienpolitisches Problem – die geplante Umsetzung der Haushaltsabgabe trifft auf erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken. Innerhalb der Länder kommen offenbar Zweifel auf, ob dies alles so machbar ist.
Was passiert?
Die Betroffenen, ARD und ZDF, geben ein Gutachten zu diesem Gesetzgebungsproblem der Länder in Auftrag. Der Autor ist sehr prominent und renommiert. Es ist der Staatsrechtslehrer und ehemalige Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Prof. Dr. Hans Peter Bull. Über die Höhe des Gutachterhonorars ist bisher nichts bekannt.
Am kommenden Montag wird das Gutachten in Berlin vorgestellt. Das wenig überraschende Ergebnis (Hervorhebungen Carta): “Der Gutachter kommt zu dem Ergebnis, dass die Regelungen im Entwurf zum Rundfunkbeitragsstaatsvertrag den datenschutzrechtlichen Anforderungen genügen und zur Gewährleistung der verfassungsrechtlich geforderten gleichmäßigen Heranziehung aller Beitragszahler geeignet, erforderlich und angemessen sind.”
Der Gesetzentwurf, über den Bull schreibt, ist noch nicht einmal veröffentlicht – ein Gutachten dazu gibt es aber bereits. So lässt sich Deutungshoheit organisieren.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird sich die weitere Gesetzgebung stark am Bull-Gutachten orientieren. Gegenüber den 16 Bundesländern haben die prominenten Gutachter einen starken Stand.
Mit ihren stattlichen Gutachten-Etats sitzen ARD und ZDF bei der Medienpolitik in der ersten Reihe.