#Integrität

Das Leistungsschutzrecht, das wir wirklich brauchen

von , 23.10.12

Die Feststellung hinter dem Leistungsschutzrecht ist vereinfacht gesagt folgende: Durch das Internet hat sich die Kommunikation verändert, Gatekeeper-Funktionen sind verschwunden, das Kopieren von Inhalten ist einfacher geworden und kann auch vollautomatisch passieren. Das ist erst einmal nicht von der Hand zu weisen. Doch die ökonomisch-rechtlichen Forderungen, die daraus zu schlussfolgern sind, sind nicht identisch mit dem Leistungsschutzrecht der Marke Springer.

Die Devise muss lauten: Nehmen wir unsere Kanonen, mit denen wir auf die Spatzen der News-Aggregatoren schießen, und lasst uns damit die Flugzeugträger der PR anvisieren, die täglich aufs Neue ihre Jets starten, um Journalisten mit Pressemitteilungen und Anrufen zu bombardieren.

In deutschen Redaktionen landen täglich Tonnen an Pressemitteilungen. Nicht wenige PR-Agenturen rufen zudem davor und danach zusätzlich noch an, um sicher zu gehen, dass die E-Mail auch wirklich angekommen ist – als ob ein aggressiver Hund den Bits auf dem Weg ins Postfach in die Hose beißen könnte.

Doch was ist die Motivation hinter diesen Pressemitteilungen: Im überwiegenden Fall, ich möchte fast sagen, zu mehr als 99 Prozent, ist es der Wunsch nach kostenloser Werbung. Ein Unternehmen hat ein neues Produkt und will, dass die Menschen davon erfahren. Als Journalist sage ich: Dann kauf dir eine Anzeige. Die PR jedoch schickt lieber zig E-Mails raus. Das Traurige: Es funktioniert.

Das muss aufhören! Jedes Unternehmen kann heute selbst ohne Vermittler seine Kunden erreichen. Eine eigene Website, darauf ein eigener Newsroom, zudem Profile in sozialen Netzwerken – so einfach könnte die Lösung sein. Wenn sich ein Journalist aktiv für ein Unternehmen interessiert, kann er dann genau dort nachsehen.

Für unaufgefordert eingesandte Pressemitteilungen sollte eine Gebühr anfallen.

Jede dieser Pressemitteilungen raubt dem Journalisten Arbeitszeit, und somit auch seinem Verlag. Zeit ist bekanntlich Geld.

Wenn ein Unternehmen in einem Medium vorkommen will, soll es dafür zahlen. Entweder den Preis für eine Anzeige, die es dann sicher bekommt, oder die Lizenzgebühr für eine Pressemitteilung, die unter Umständen zu einer Berichterstattung führt.

Kritiker werden sagen, so verschwimmt die Grenze zwischen redaktionellen Inhalt und Anzeigen. Die Wahrheit: Das ist sie längst. Eine PR-Gebühr würde den Effekt vielleicht sogar zurückschrauben.

Andere werden sagen: Auch die Medien profitieren von den Pressemitteilungen. Wie bereits erwähnt, könnten diese die Mitteilungen ja durchaus verlangen, oder sie sich selbst aus den News-Angeboten der Unternehmen holen. Doch selbst, wenn sie nichts mehr bekämen: Dann hätte die Redaktion wieder mehr Zeit für echten Journalismus. Zeit für eine investigative Recherche oder eine intensive Reportage. Die machen wir Journalisten sowieso viel lieber. Und außerdem werden sie doch angeblich immer vermisst.

Die Unternehmen, die sich vielleicht von diesem Vorschlag angegriffen fühlen, sollen nur mal versuchen, ohne Journalisten auszukommen. Mal sehen, wie erfolgreich sie mit ihren schlecht formulierten, rosaroten Pressemitteilungen wirklich beim Kunden landen. Vielleicht ist die Leistung des Journalisten doch etwas wert?

Selbstverständlich sind es nicht nur Unternehmen im Sinn von Firmen, die mit Pressemitteilungen um sich werfen und mit ungefragter Inanspruchnahme von Journalisten auffallen. Vereine, Parteien, sogar die Regierung stehen ihnen um nichts nach. Und die großen Medienhäuser gehören ebenfalls mit zu den schlimmsten PR-Schleudern. Ein Grund, sich an die eigene Nase zu fassen.

Ja, wir brauchen ein Leistungsschutzrecht. Aber nicht gegen Aggregatoren, die unsere Leistung – pessimistisch ausgedrückt – zweitverwerten, sondern gegen Unternehmen (und Parteien, Vereine, Regierungen), die unsere Leistung für ihre Zwecke kostenlos und wie selbstverständlich in Anspruch nehmen.

Crosspost von YOUdaz.com
 

Twitter-Diskussion zu Andreas Grieß’ Artikel

"Wir brauchen kein Leistungsschutzrecht der Verlage, wir brauchen ein Integritätsschutzrecht für Redaktionen."

Storified by Carta · Tue, Oct 23 2012 05:40:07

@emden09 @tauss @carta_ jo, ist aber reine PR-Schelte von @youdaz – also nichts Neues an sich ˆˆ #PR #LSRArnold Melm
@countUP @emden09 @carta_ @youdaz Dennochgut auf den Punkt gebracht.Mit PR-Journalismus verzichten Verleger auf Einnahmen d. Werbung ..;)Jörg Tauss
@countUP @tauss @carta_ @youdaz Nicht alles was "alt" ist, ist schon deshalb schlecht oder unbeachtlich #PR-Schelte eh nicht.emden
@tauss @emden09 @carta_ @youdaz … Verleger verzichten auch auf Kosten für footage und Bilder und und und seit Jahren ˆˆ #PRArnold Melm
@tauss @emden09 @carta_ @youdaz ich glaube, wenn Unternehmen dann nicht über den ganzen Artikel bestimmen, zahlen sie nichts.Arnold Melm
@countUP @tauss @carta_ @youdaz Verleger sind wie d.Bauer,d.Äpfel für 1ct kauft&für 2ct verkauft und klagt von dem 1% soll ich jetzt lebenemden
@countUP @tauss @carta_ @youdaz oft bestimmen sie ja längst,weil irgendein Red.Praktik.d #PR unkritisch&ohne Nachdenken abschreibt #heise.deemden
@emden09 @tauss @carta_ @youdaz Naja, die #PR-Schelte gaukelt aber meist miese Texte vor. Sie sind aber gut, darum werden sie genommen. #LSRArnold Melm
@emden09 @tauss @carta_ @youdaz je mehr PR-Texte journalist. korrekt formuliert sind, desto weniger Recherche seitens d. Redaktionen #prArnold Melm
@emden09 @tauss @carta_ @youdaz nett formuliert. Vergiss es. Das sind schon die Redakteure, die sie übernehmen ˆˆ #PRArnold Melm
@countUP @tauss @carta_ @youdaz mies ist relativ.Unkritisch ist m.E. immer mies.D.Chefred.meint aber gut lesbar ist gut f.d. Auflage. #PRemden

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