#Energieeffizienz

Das Glühbirnenverbot: ein letztes Flackern im Sommerloch

von , 15.8.09

Wenn in wenigen Wochen die erste Phase des Handelsverbots für klassische Glühbirnen in Kraft tritt, werden deutsche und österreichische Medien ihr Publikum noch einmal mit emotionalen Geschichten anzurühren versuchen, voll von bemitleidenswerten Menschen, die es leider versäumt haben, noch rechtzeitig 100-Watt- oder mattierte Glühbirnen zu horten, und die stattdessen im Dunkeln sitzen, oder – schlimmer noch – im fahlblauen Licht der Energiesparlampen. Noch einmal werden Lichtdesigner und Lichtpsychologen ihren großen Auftritt haben, und “Brüssel” vorsätzliche Gesundheitsgefährdung vorwerfen. Der ein oder andere Klimaexperte wird erneut verlauten lassen, dass das Verbot für den Klimaschutz nichts bringe, weil der Emissionshandel den eingesparten CO2-Ausstoß lediglich “umverteile”. Die Blogs der Öko-Skeptiker werden es ein weiteres mal dankbar aufgreifen. Willkommen im Sommerloch.

Was in der Debatte bislang jedoch überhaupt nicht wahrgenommen wird: Das Glühbirnenverbot erfolgt nicht allein aufgrund von klimapolitischen Erwägungen und an die heutigen Energiesparlampen wird sich schon in wenigen Jahren kaum noch jemand erinnern können.

Energieeinsparungen sind nicht nur aus klimapolitischen Gründen sinnvoll, sondern auch aus solchen der Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Energieversorgung. Das völlig korrekte, aber in der Öffentlichkeit weitgehend unverstandene Argument, dass die Förderung von Effizienztechnologien oder von Erneuerbaren im Rahmen des Emissionshandels keine unmittelbaren klimapolitischen Effekte hat, geht am Kern der Sache zumindest teilweise vorbei. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die technologiepolitischen Aspekte solcher Regulierungsformen regelmäßig unterschlagen werden.

Das Glühbirnenverbot ist auch ein Versuch, bislang im Leuchtmittelmarkt unterbliebene Innovationen anzustoßen, die nicht zuletzt deshalb gehemmt wurden, weil Öko-Idealisten die herkömmlichen Energiesparlampen trotz ihrer in der Tat schlechten Lichtqualität gekauft haben.  Das erzwungene “Mainstreaming” sparsamer Lampen ist zwar eine Wette auf die Zukunft, aber wenn unsere Ingenieure und Techniker es nicht schaffen, für einen Markt von 500 Millionen Konsumenten preisgünstige Leuchtkörper herzustellen, die warmes Licht bei sparsamem Verbrauch ermöglichen, dann brauchen wir uns mit den wirklich komplizierten Zukunftsfragen gar nicht erst zu beschäftigen. Schon in den letzten Monaten hat sich auf dem Leuchtmittelmarkt einiges bewegt. Aber die mittelfristige Lösung wird nicht bei klassischen Energiesparlampen liegen, sondern in der LED-Technologie, wie sie heute in Japan schon relativ weit verbreitet ist – wenn auch noch zu sehr stolzen Preisen.

Das eigentliche Problem der EU-Politik im Bereich Energieeffizienz liegt aber nicht im Glühbirnenverbot oder anderen vorübergehenden Einschränkungen der Konsumentensouveränität, sondern in der Architektur des europäischen Regulierungsansatzes. Das immer wieder genannte Gesamtziel einer 20-prozentigen Effizienzsteigerung bis 2020 ist rechtlich vollkommen unverbindlich. Verbindlich sind lediglich die Verbrauchsobergrenzen, die im Rahmen der Öko-Design-Richtlinie für insgesamt 19 Produktgruppen in einem jeweils sehr aufwändigen Verfahren beschlossen werden sollen. Dazu zählt nicht nur die Glühbirne, sondern auch Umwälzpumpen, Standby-Schaltungen oder Kühlschränke. Das ist grundsätzlich nicht sinnlos, aber man reguliert dabei eben nur den relativen Energieverbrauch, nicht den absoluten.

Wenn die Bürger aber immer größere Wohnungen heizen, immer mehr Elektrogeräte immer länger betreiben oder mit ihrem sparsameren Auto längere Strecken zurücklegen, dann wird in absoluten Mengen nichts oder nur wenig eingespart – das aber müsste das Ziel sein. Zudem geht der produktzentrierte Ansatz vollkommen an den systemischen Fragen vorbei, etwa der optimalen gesellschaftlichen Organisation des Personen- und des Güterverkehrs, oder der Wirkungsgrade bei Energieerzeugung, -umwandlung und -transport. Besser wäre es deshalb, die Einsparziele für die EU-Mitgliedstaaten rechtsverbindlich zu machen. Die 27 Regierungen könnten dann eigenverantwortlich überlegen, mit welchen Mitteln sie die Einsparziele am kostengünstigsten erreichen wollen. EU-weite Standards für einzelne Produktkategorien wie Leuchtmittel wären auch in einem solchen Politikansatz noch sinnvoll. Aber sie wären – aufgrund der vergleichsweise geringen Einspareffekte – nachrangig gegenüber den wirklich wichtigen Energieverbrauchssektoren.

Zustimmung, Kritik oder Anmerkungen? Kommentare und Diskussionen zu den Beiträgen auf CARTA finden sich auf Twitter und auf Facebook.