von Thomas Stadler, 2.4.14
Der Schweizer Kollege Martin Steiger stellt in seinem Blog die Frage, ob Tweets in Zeitungen abgedruckt werden dürfen und meint dazu, dass es hierbei gar nicht auf die Frage ankäme, ob einzelne Tweets überhaupt urheberrechtlich geschützt sind. Denn, so Steiger:
Wer Twitter nutzt, unterwirft sich den entsprechenden Terms of Service (Nutzungsbedingungen). Als Gegenleistung für die kostenlose Nutzung lässt sich Twitter von allen Nutzern eine kostenlose Lizenz für die weltweite Verwertung aller Nutzer-Inhalte («Content») einräumen. Diese Lizenz umfasst unter anderem auch die kostenlose Verwertung von Tweets durch Dritte wie beispielsweise Zeitungen …
Diese Ansicht halte ich aus zwei Gründen für zweifelhaft. Wenn ein Tweet – was auf die große Masse der Tweets sicherlich zutrifft – nämlich kein urheberrechtlich geschützes Werk darstellt, dann kann der twitternde Nutzer auch keine Nutzungsrechte im Sinne des Urheberrechts einräumen. Die Rechtseinräumung scheitert regelmäßig schon am Vorliegen eines schutzfähigen Werks.
Erst dann, wenn ein Tweet ausnahmsweise wegen seiner außergewöhnlichen Originalität urheberrechtlichen Schutz genießt, stellt sich überhaupt die Frage, ob durch die Nutzungsbedingungen von Twitter wirksam Nutzungsrechte eingeräumt worden sind.
Im Hinblick auf Facebook, das ganz ähnliche Klauseln zur Rechtseinräumung verwendet wie Twitter, hat das Landgericht Berlin die Ansicht vertreten, dass diese Klauseln gegen das AGB-Recht verstoßen. Ich neige der Ansicht zu, die sehr weitreichende Rechtseinräumung, die über das hinausgeht, was für eine typische Veröffentlichung auf Twitter, einschließlich Retweets und Favs, notwendig ist, nach deutschem Recht als überraschende Klausel und damit als unwirksam anzusehen.
Von daher würde ich von der Annahme ausgehen, dass urheberrechtlich nicht geschützte Tweets deshalb in Zeitungen abgedruckt werden dürfen, weil dadurch überhaupt keine Rechte verletzt werden.
Der Abdruck oder die Weiterverbreitung von Tweets, die ausnahmsweise außerhalb von Twitter Urheberschutz genießen, verletzen die Rechte des Urhebers. Hier können dann aber die Schrankenbestimmungen des Urheberrechts eingreifen, wie z.B. § 51 UrhG (Zitatrecht) oder § 50 UrhG (Berichterstattung über Tagesereignisse).
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