#FDP

Dafür braucht’s die FDP nicht

von , 18.6.10

Die Debatte um die Ausrichtung der FDP braucht es dringend. Für das, was die FDP zur Zeit abliefert, wird sie gerade zurecht abgestraft. Der Kern des Problems ist eine erratische Politik, an der sich kaum ablesen lässt, was eigentlich der Daseinszweck einer liberalen Partei ist.

Die Spitze des Eisbergs ist dabei die Bundespräsidentenfrage: Da gibt es einen Kandidaten, der mit liberaler Rhetorik zu begeistern weiß – und die FDP-Führung überlässt jegliche Entscheidung dem Koalitionspartner und unterstützt deren versicherungsvertreteresken Kandidaten. Schon an dieser Personalie kann man ablesen, dass die FDP ihre Zeit in der Opposition nicht genutzt hat, ihren CDU-Wurmfortsatzcharakter abzulegen zugunsten einer liberalen Akzentsetzung.

Inhaltlich wird es noch fragwürdiger, gerade in der vorgeblichen Paradedisziplin Ordnungspolitik. Zwei Beispiele für viele: Das Steuersystem und das Sparpaket:

Das zentrale Wahlversprechen war ein »niedrigeres, einfacheres und gerechteres Steuersystem«; praktisch wurde das heruntergebrochen auf den Aspekt »niedriger« – was ja auch am einfachsten operationalisierbar ist. Die FDP hat sich damit selbst ins Abseits geschossen, weil sie so nicht mehr in der Lage ist, liberale Akzente zu setzen – und mehr darf eine liberale Partei im Rahmen der deutschen politischen Kultur wohl nicht erwarten.

Jegliche Steuererhöhung, selbst wenn sie zur Kompensation von unsystematischen Ausnahmeregelungen vorgenommen wird, ist tabu, und damit müssen die anderen Punkte notwendig scheitern.

Selbst wenn die Steuerlast gleich bliebe: Ein schlüssiges Mehrwertsteuersystem, eine Anpassung der Steuerprogression (etwa, indem die Grenze für den Spitzensteuersatz deutlich nach oben geschoben wird und der als Kompensation erhöht wird), um kalte Progression und Mittelstandsbauch anzugehen, ist unter dem Dogma »keine einzige Steuer erhöhen« nicht möglich. – Und jetzt kopflos und unsystematisch die Kapitalertragssteuer zu erhöhen wirkt auch nicht nach durchdachtem Konzept hin zu einem einfacheren System.

Auch das Sparpaket lässt liberale Akzente vermissen. Wenigstens fiskalisch hätte es solide sein sollen und nicht derart auf Spekulationen gestützt gestaltet sein sollen. (Bundeswehrreform, Arbeitsvermittlung, nebulöse globale Minderausgaben in der Verwaltung werden über den Daumen gepeilt eingepreist). Dazu kommen fragwürdige Elemente wie das Fiskusprivileg bei Insolvenzen, das dazu führt, dass private Schuldner zugunsten des immer solventen Staates übergangen werden – nicht gerade Wirtschaftsförderung. Ob es so sinnvoll ist, aus dem Staatsunternehmen Bahn eine zusätzliche Dividende zu ziehen – Geld, das dann nicht für Investitionen zur Verfügung steht – ist auch fraglich.

Und schließlich lässt es eine liberale Bewertung von Staatsaufgaben vermissen, etwa beim Elterngeld. Der Staat soll – und kann –, nicht versuchen die Gesellschaft zu steuern; hier trägt die FDP eine versuchte Steuerung mit und gibt ihr den Vorzug vor einer auch liberal gewollten Staatsaufgabe: der Sicherung des Existenzminimums. – Und warum soll das Berliner Stadtschloss aufzubauen Staatsaufgabe sein?

Es wäre freilich auch möglich, dass all das Methode hat, und die hidden agenda der Grauen Eminenzen der FDP ist, durch bizarre und unsystematische Regulierungen ein Klima zu schaffen, das die für den Übergang zum Agorismus benötigten Schwarzmärkte begünstigt.

Wenn das aber ernstgemeint ist: Dafür braucht’s die FDP nicht.

Crosspost von fxneumann.de.

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