#Bradley Manning

Bradley Manning – Protokoll einer menschlichen Tragödie

von , 30.7.13

Von 2009 bis 2010 war Bradley Manning als Computertechniker in der Nähe von Bagdad stationiert. Da er in einem Aufklärungs- und Abwehrbataillon tätig war, hatte er auch Zugriff auf geheime Dokumente, die er sonst nicht hätte einsehen dürfen. Diese Dokumente hat er an Wikileaks überspielt. Darunter war das Video “Collateral Murder“, aber auch, und das geht fast in der Berichterstattung unter, Dokumente, die Folterungen durch ausländische Streitkräfte in mindestens 303 Fällen beweisen. Diese Leaks hat er zugegeben, außerdem wurden ihm die Offenlegung der Botschaftsdepeschen und die Veröffentlichung von Geheiminformationen über das Gefangenenlager Guantanamo Bay zugeschrieben.

Nach seiner Verhaftung im Oktober 2010 wurde er unter Bedingungen festgehalten, die ein Gericht inzwischen als Folter eingestuft hat. Im Camp Arfijan saß er 23 Stunden am Tag in Einzelhaft. Sein Hofgang fand ebenfalls in Isolierung statt. Zugang zu Nachrichten, persönlichen Mitteilungen oder auch nur Kontakt zur Außenwelt hatte er nicht.

Das sind die Bedingungen der Supermax-Gefängnisse, die mit ihrer Isolierungspolitik Gefangene in den Wahnsinn treiben. Manning berichtete während des Prozesses, dass er mental stark abbaute und suizidal wurde. Aufgrunddessen wurden nicht die Isolationsbedingungen gelockert, sondern Manning wurden die Kleider weggenommen, angeblich, damit er sich nicht erhängen könne. Morgens musste er nackt aus seiner Zelle treten, die daraufhin durchsucht wurde. Er stand in der Zeit nackt, für aller Augen sichtbar, auf dem Flur. Solche Methoden dienen nicht dem Schutz eines Gefangenen, sie sollen ihn brechen.

Da sich aufgrund der harten Haftbedingungen die Frage stellte, ob Bradley Manning überhaupt noch prozessfähig sei, wurde er in ein Militärkrankenhaus verlegt und dort untersucht. Die Prozessfähigkeit wurde attestiert. Der Prozess begann am 16.11.2011 zunächst mit einer Anhörung in Fort Meade, in der am 3. Februar 2012 entschieden wurde, Manning sei vor ein Kriegsgericht zu stellen. Seit dem 3. Juni wird ihm der Prozess gemacht, mit Argusaugen überwacht von einer Öffentlichkeit, die den Sinn des Verfahrens immer weniger erkennen kann.

Dieser Prozess ist unter anderem dadurch gekennzeichnet, dass die Richterin Denise Lind der Verteidigung einige Verteidigungsstrategien untersagt hat. So durfte zum Beispiel die Verteidigung die Motive Mannings nicht offenlegen, der Militärstaatsanwalt aber offen darüber fabulieren, welche Motive er Manning unterstellte.

Ein derartig geführtes Verfahren ist nicht fair, kann nicht fair sein. Die Motive Mannings machen den Unterschied zwischen Whistleblower und Verräter aus: Whistleblower sind in den USA gesetzlich geschützt. Wäre er als solcher eingestuft worden, hätte er nie vor Gericht gestellt werden dürfen. Wenn Bradley Manning also verwehrt wurde, sich zu seiner Motivlage zu äußern, der Staatsanwalt ihn aber ungestraft als eitlen Gecken hinstellen durfte, der aus Geltungssucht Soldatenkameraden in Gefahr gebracht habe, war klar, wohin die Reise ging.

Entsprechend wurde heute auch erwartet, dass Manning entweder die Todesstrafe oder mindestens 20 Jahre Gefängnis erhält, abzüglich der 112 Tage für die “unmenschlichen Haftbedingungen”. Am Ende wurde er nach dem Espionage Act von 1917 verurteilt, der u.a. bereits bei Daniel Ellsberg angewandt wurde: Ein Exempel sollte statuiert, das Urteil auf keinen Fall nach dem milderen Whistleblower-Gesetz gesprochen werden.
 


 


 


 

 
Kerstin Ludwig bloggt in Tante Jays Café

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