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Monopoly im E-Book-Markt: Amazon gegen Apple und die Rolle der Verlage

von , 1.2.10

Amazon lässt die Muskeln spielen. Weil das Verlagshaus Macmillan, das zu den größten seiner Branche gehört, höhere Preise für digitale Bücher fordert, nahm Amazon dessen Verlagsprogramm in den USA kurzerhand aus dem Angebot. Nicht ein paar Titel, sondern das gesamte Sortiment.

Den Hintergrund für diese Auseinandersetzung bildet die Einführung des Apple iPad, für dessen iBook Store Steve Jobs sich etwas Besonderes hat einfallen lassen. Um Verlage aus der engen Bindung an Amazon zu lösen, hat er ihnen höhere Preise für E-Books versprochen: Nicht 9,99 USD wie auf dem Kindle, sondern 13 bis 15 USD sollen sie bei ihm kosten dürfen.

Kampfansage an Amazon: Steve Jobs präsentiert "iBooks"

Kampfansage an Amazon: Steve Jobs präsentiert iBooks (Foto: myuibe/engadget, cc-by)

Das war natürlich eine Kampfansage an den Marktführer Amazon, der nun fürchten muss, dass sich nicht nur Leser von seinem E-Book-Konzept abwenden, sondern auch Verlage, weil sich das iPad als die attraktivere Plattform gegenüber dem Kindle erweisen könnte.

Wie blank die Nerven liegen, obwohl dieser Kampf noch gar nicht richtig begonnen hat, zeigt das Verhalten von Amazon gegenüber Macmillan. Noch hat Apple nicht einen einzigen iPad verkauft und doch ist dessen neuer iBook Store schon eine ernste Bedrohung. Denn selbst wenn das iPad kein Kassenschlager werden sollte, hat Apple über die iBooks Applikation (in welche der Store integriert ist) immer noch ein beträchtliches Potenzial auf den inzwischen rund 75 Millionen verkauften iPhones und iPod Touch Geräten. Amazon dagegen hat bislang vermutlich erst 3 Millionen Kindles verkauft.

Dazu kommt, dass mit Apple ein hoch profitables Unternehmen in den E-Book-Markt eintritt, das weitaus höhere Gewinne macht als das im margenschwachen Einzelhandel beheimatete Amazon: Im letzten Berichtsquartal erzielte Apple einen Gewinn von 1,76 Mrd. USD, während Amazon nur 384 Mio. USD vermeldete.

Der Zankapfel in dieser Auseinandersetzung sind die Verlage, auch wenn sie hier fast wie Statisten zwischen zwei Giganten wirken. Sie waren bisher schon nicht glücklich mit Amazons Preispolitik auf dem Kindle. Denn Amazon kann den Preis von 9,99 USD pro E-Book nur dadurch halten, dass es jeden einzelnen Verkauf subventioniert. Den Verlagen aber ist dieser Preis nicht wertig genug. Sie hätten gern höhere Preise, am liebsten wohl sogar Preisparität mit ihren gebundenen Buchausgaben.

Amazon hält mit dem plausiblen Argument dagegen, dass ein E-Book, weil es nicht gedruckt, gelagert und verschickt werden muss, billiger kommt und deshalb ein Teil der Kostenersparnis auch an die Käufer weitergegeben werden sollte. Diese Sichtweise findet weithin Zustimmung, nur nicht in der Buchbranche.

Diese sträubt sich dagegen und bekommt mit Apple über Nacht einen neuen Partner, der freundlich lächelnd seine Arme ausbreitet und viel Verständnis für das Buchgewerbe signalisiert. Immerhin hat es Apple schon geschafft, die Umsatzbeteiligung zugunsten der Verlage zu drehen. Behielt Amazon in der Vergangenheit von jedem verkauften E-Book 70 % des Umsatzes für sich, bietet Apple den genau umgekehrten Split: 30 % für Apple, 70 % für den Verlag. Amazon musste sofort nachziehen und sich der neuen Situation anpassen.

Allerdings sollten sich die Buchverlage nicht zu früh über Apple freuen, sondern lieber die Entwicklung bei den iPods und iTunes genau studieren. Was 2001 wie eine spleenige Idee erschien und als Nischengeschäft begann, hat die Musikindustrie inzwischen das Fürchten gelehrt. Denn Apple ist heute weltweit der mit Abstand größte Händler für Musik-Downloads und bestimmt auf diesem Markt beinahe weltweit das Preisgefüge gegenüber den Endkunden. Dass inzwischen auch Amazon in diesem Geschäft mitwirkt, hat der Musikindustrie nicht viel gebracht: Nach wie vor besteht eine enorme Abhängigkeit von Apple und es sieht nicht so aus, als würde sich daran in nächster Zeit etwas ändern.

Den Buchverlagen könnte es ähnlich gehen, wenn sie nicht bald Strategien entwickeln, mit denen sie sich aus der engen Umklammerung von Apple oder Amazon lösen können. Keinesfalls dürfen sie es zulassen, dass der Markt für digitale Bücher sich um proprietär ausgerichtete Standards von ein paar großen Unternehmen entwickelt, die damit monopol- bzw. oligopolartige Marktverhältnisse schaffen. Selbst ein großes Verlagshaus wird in diesen Systemen schnell zum relativ unbedeutenden Anhängsel, dem man auch mal den Stuhl vor die Tür stellen kann, sei es auch nur vorübergehend.

Das Hauptproblem bei diesem Monopoly-Spiel liegt auf der Ebene der Handelsstufe zwischen (Einzel-) Handel und Endverbraucher. Während der klassische Buchmarkt, ebenso wie früher das Geschäft mit Schallplatten und CD’s, mit einer relativ kleinteiligen Einzelhandelslandschaft aufwarten kann, ist das Geschäft mit E-Books und Musik-Downloads im Internet weitgehend in der Hand weniger Adressen.

Das aber ist keine gute Basis für die weitere wirtschaftliche Prosperität der Verlagsbranche. Sie müsste sich deshalb schleunigst darum kümmern, dass ein neuer, kleinteiliger E-Book-Markt entstehen kann und dafür die geeigneten Shop-Konzepte entwickeln. In der Folge sollte sich damit ein Teil der Umsätze von den Marktführern Amazon (und Apple) in den Long Tail des Marktes verschieben lassen.

Damit wäre vielleicht auch gewährleistet, dass sich in Verbindung mit hinreichend offenen Standards und kompatiblen Dateiformaten ein vielfältiger Markt für E-Book-Reader entstünde, in dem nicht alles auf den Kindle oder das iPad hinaus liefe. Die Leser sollten viele verschiedene Einkaufsquellen für E-Books haben und ihre Käufe auch auf ganz unterschiedlichen Geräten lesen und langfristig speichern können.

In einer solchen Marktsituation könnten Verlage gelassener in Verhandlungen mit Amazon oder Apple treten und müssten nicht fürchten, wie Macmillan, einfach über Nacht mal schnell ausgelistet zu werden.

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