von Michael Spreng, 30.8.13
Jetzt hat also Peer Steinbrück sein 100-Tage-Programm vorgestellt – das übliche Kondensat aus dem Wahlprogramm, um noch einmal in die Nachrichten zu kommen. Die Themen sind deshalb nicht überraschend.
Wichtiger für Steinbrück ist das TV-Duell am Sonntag. Dabei wird vom SPD-Kanzlerkandidaten Übermenschliches verlangt: das Duell soll die Wende im Wahlkampf bringen. Er soll die verzagten SPD-Anhänger motivieren und mobilisieren, Unentschiedene für seine Partei gewinnen. Da muss er schon mehr bieten als sein 100-Tage-Programm.
Kann er das leisten? Er hat dafür etwa 35 Minuten. 20 verbrauchen voraussichtlich die unsinnig vielen Moderatoren, 35 seine Kontrahentin. Kann er in 35 Minuten alle Fehler und Pannen vergessen machen und klar machen, dass er der bessere Kanzler wäre? Und das bei einem Ritual, das kaum ein echtes Zwie- oder gar Streitgespräch über ein Thema zulässt?
Das ginge nur, wenn Angela Merkel gleich mehrere Eigentore schießen würde. Das ist nicht zu erwarten. Merkel wird, ganz Präsidialkanzlerin, ruhig und besonnen wie immer ihre Sicht der Welt und der Politik erklären. Die Teflonfrau wird kaum zu packen sein.
Steinbrück muss angreifen, aber kontrolliert. Ohne Aggression und Arroganz. Seine Standardformel, dass Merkel nur verwalte und nicht gestalte, reicht dafür nicht. Sie ist zu abstrakt und reißt keinen Wähler vom Hocker. Und er hat noch ein Handicap: um Merkel in sozialen Fragen anzugreifen, muss er die Lage düsterer schildern, als sie ist. Aber das wissen die meisten Zuschauer besser.
Und auch Syrien taugt nicht zum Lieblings-Wahlkampfthema der SPD – Krieg oder Frieden, womit Gerhard Schröder 2002 gewann. Syrien 2013 ist nicht der Irak 2002. Und die verbrecherischen Giftgasangriffe empören auch die SPD-Wähler.
Und die Griechenland-Hilfen? Natürlich kann er – zu Recht – Merkel Schönfärberei und Wahlschwindel vorwerfen. Aber ist das glaubwürdig vom Kandidaten einer Partei, die im Bundestag allen Hilfspaketen zugestimmt hat?
Wenn Merkel keine schweren Fehler macht, dann ist für Steinbrück nur ein achtbares Unentschieden drin. Aber 0:0 oder 1:1 ist für einen Herausforderer zu wenig. Gleich gut oder gleich schlecht reicht nicht. Er muss deutlich siegen, wenn sein Duell-Auftritt Wirkung zeigen soll.
Michael Spreng meint: “Untersuchungen nach dem Duell 2002 haben gezeigt, dass sich die endgültige Meinung der Wähler, wer gewonnen hat, erst in den Tagen danach bildet – unter dem Eindruck der Medienberichte und der Gespräche in der Familie, im Freundes- und Kollegenkreis.” Das Duell wird er erst am Montag in einer Nachbetrachtung auf seinem Blog sprengsatz kommentieren, weil er direkt nach dem Duell für das heute-journal spezial des ZDF (22.00 Uhr) im Einsatz ist.
Crosspost von sprengsatz