#BILD-Zeitung

BILD und der Nannen-Preis

von , 1.3.14

Der Nannen-Preis für die Bildzeitung – das war ein Novum. Eine geistige Wende. Ein Durchbruch.

Das Reporterteam der Süddeutschen Zeitung, das parallel zur Bildzeitung ebenfalls ausgezeichnet werden sollte, nahm den Preis damals aus Protest nicht an. Das Votum für Bild war umstritten, die Entscheidung in der Jury knapp. Doch am Abend nach der Preisverleihung konnte das Blatt stolz berichten:

So deckte BILD die Affäre um den Bundespräsidenten auf:

Am 13. Dezember 2011 berichtete BILD unter der Überschrift „Wirbel um Privat-Kredit über 500 000 Euro“ über einen Privatkredit, den Christian Wulff in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident aufgenommen hatte: Er lieh sich 2008 Geld von Edith Geerkens, Ehefrau des Unternehmers Egon Geerkens. Vor dem niedersächsischen Landtag ließ Wulff 2010 jedoch erklären, er habe „keine geschäftlichen Beziehungen“ zu Egon Geerkens.“

Die Medien drehten damals ein (auch geschäftlich gut funktionierendes) Riesenrad, ihre moralische Entrüstung nahm absurde Ausmaße an. Man dachte wohl: Was in den Medien groß ist, ist auch in der Wirklichkeit von Bedeutung. Nun, nach zwei Jahren Ermittlungen und einem ordentlichen Prozess, stellt sich heraus: alles Peanuts. Freispruch, Entschädigung.

Andere hätten in Wulffs Position sicher ‚würdiger’ gehandelt. Wulffs Schnäppchenjägermentalität – das ist unbestritten – beschädigte sein Ansehen, aber eine Staatsaffäre war das Ganze nicht.

Und mit dieser Erkenntnis schrumpft auch die „beste investigative Leistung des Jahres“ zu einer Mini-Story zusammen. Diese Story wirft ein bezeichnendes Licht auf die Skandal-Schnäppchenjägermentalität mancher Medien. Wulff und die Bildzeitung waren sich in jeder Hinsicht ebenbürtig und ähnlich.

Bleibt die Frage: Was ist eine investigative Leistung wert, die etwas skandalisiert, was für einen Skandal nicht reicht? Die Jury des Henri-Nannen-Preises ist wohl dem Hype der eigenen Branche erlegen. Sie hat nicht die „beste investigative Leistung“ ausgezeichnet, sondern die heiße Luft, die den Fall umgab. Eigentlich müsste sie daraus – wie 2011 – Konsequenzen ziehen.

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