#Bettina Reitz

BR-Fernsehdirektorin Reitz: “Immer nur mehr Geld zu fordern, kann nicht die Lösung sein”

von , 17.2.14

Bettina Reitz, die Fernsehdirektorin des Bayerischen Rundfunks, verweist im Interview mit Blickpunkt:Film (7/2014, S. 26 ff.; nicht online) auf zwei Lesarten. Diese gelten aus ihrer Sicht auch für das Urheberrecht.
 

„Es gibt Vertreter, die sagen, es kommen immer mehr Rechte hinzu, die neu ausgewertet werden müssen, und deshalb ist in der finanziellen Auswertung ein Add-on nötig.

Ich möchte eine angemessene Vergütung für alle Ausspielwege, auf denen mein Werk vorkommt. Das wäre die Position der Kreativen.“

 
Dann kommt sie zur Sicht der Sender wie auch der Verwerter:
 

„Die besagt selbstverständlich nicht, den Kreativen und Urhebern stünde keine angemessene Vergütung zu. Aber wir haben hier einen Kuchen, den wir neu verteilen müssen. Es wird nicht möglich sein, für den ersten Teil eines klassischen Koproduktions- oder Lizenzrechts dasselbe zu bezahlen.

Wir müssen mit einem Budget klarkommen, das sich nicht vergrößert hat. Auf der anderen Seite ist die Zahl der Nutzer nicht größer geworden, sie nutzen nur anders. Die lineare Nutzung hat sukzessive abgenommen.“

 
Nun, das stimmt so allgemein nicht. Das geben die Untersuchungen der Medienforschung nicht her. Es ist eben nicht so, dass die Zuschauerzahl konstant geblieben ist und sich nur anders verteilt.

Nehmen wir nur einmal den Tatort. Die Zahl der Zuschauer, die den Tatort live sehen, hat zugenommen, wie auch die Zahl derjenigen gewachsen ist, die den Tatort im Abruf nachsehen. Zudem erhalten ARD und ZDF ja den Rundfunkbeitrag nicht nach der Zahl der erreichten Zuschauerinnen und Zuschauer. Nein, sie sollen ein Programm machen, dass unabhängig von wirtschaftlichen und politischen Interessen ist.

Es mag ja zudem sein, dass sich die Budgets der einzelnen Redaktionen nicht erhöht haben. Doch dann ist zu fragen, warum dies der Fall ist. Schließlich sind allein die Gebühreneinnahmen von 2000 bis 2012 um 1,6 Mrd. Euro gestiegen.

Warum sind denn dann die Budgets der einzelnen Redaktionen trotz steigender Gesamteinnahmen nicht gestiegen? Dies liegt u.a. an steigenden Kosten, z.B. für Sportrechte und Sportübertragungen sowie für die Altersversorgung. Auch die Vergütung der festangestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steigt.

Nur nachdem sie mit Nebelkerzen den Blick auf die Realität vernebelt hat, kann Bettina Reitz dann ernsthaft folgenden Vorschlag ableiten:
 

„Die Konsequenz daraus wäre eine Umverteilung. Wenn ich für das Senderecht einen Betrag x kalkuliere, dann fällt davon für das klassisch lineare ein bestimmter Betrag an, für die digitalen Rechte auseinanderjustiert andere Beträge.

Das wird nicht immer realistisch gesehen, weil auf der anderen Seite die Produktionen teurer werden und dies aus Sicht der Produzenten nicht genügend ausgeglichen wird.“

 
Die Rechnung sei also, so der nachfragende Journalist: Lineares Senderecht, das an Wert verloren hat, plus digitales Recht ergibt den gleichen Betrag, den man früher für eine Produktion oder ein Programm auf den Tisch gelegt habe.

Will Bettina Reitz also die Kosten der Produktionen über weitere Jahre hinaus konstant halten – was sie zum Teil schon seit mehr als einem Jahrzehnt sind? Weder die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sender, noch die Gewerkschaften würden das in Bezug auf ihr Gehalt akzeptieren. Für die Kosten der Fußballübertragungen galt dies bisher übrigens auch nicht.

Und so versucht Bettina Reitz, noch den Bogen zu bekommen und ihre Aussage etwas abzuschwächen:
 

„Wenn ich ein Programm nur noch linear einsetzen kann, ist es nicht das wert, was wir dafür bezahlen müssen. Dann hat es eine geringere Zukunftsperspektive und ist deshalb weniger attraktiv. Aber wir möchten uns jetzt auch nicht zurückziehen und sagen: Dann müsst ihr eure Finanzierung aus eigener Kraft stemmen.

Wir kennen unseren Auftrag und suchen deshalb den Dialog, weil es so wichtig ist, dass die Produzenten nicht die Leidtragenden sind, sondern dass wir Lösungen finden. Immer nur mehr Geld zu fordern, kann nicht die Lösung sein. Die Frage ist ja auch: Wie viel mehr? Und da kommen wir an den Punkt, an dem wir uns eingestehen müssen, dass wir das im Moment eigentlich nicht wissen.“

 
Nun, wie wäre es denn mit einer angemessenen Vergütung, die berücksichtigt, dass alle an der Produktion Beteiligten entsprechend Tarifvertrag vergütet und zudem entsprechend sozial- und rentenversichert sind? Das kann man ja ganz einfach mal durchrechnen, oder?

Bettina Reitz beklagt zudem,
 

„dass wir eher wie ein reiner Geldgeber gesehen werden, eine Art Bank, die nur noch Geld abgeben soll. Das Programm sollen wir nur noch in unseren alten Schaufenstern ausstellen, während die schöne neue Welt – die digitale Verwertung – unter Produzenten und Verleihern aufgeteilt wird.“

 
Doch die digitale Verwertung ist nicht der erste Auftrag für ARD und ZDF. Auftrag ist es, ein Programm zu machen, das der „Demokratie dient“, indem es zur öffentlichen Meinungs- und Willensbildung beiträgt. Dazu gehören die laufende Berichterstattung wie auch die Information, Angebote zur Bildung und Kultur wie auch zur Unterhaltung.
 
Crosspost vom Blog des DIMBB

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