#Berliner Zeitung

Josef Depenbrock: Traumberuf SCHUHrnalist

von , 12.1.09

oder: Der unaufhaltsame Aufstieg des Josef Depenbrock

Jetzt findet die unendliche Geschichte von der immer wieder verkauften und gequälten Kreatur doch noch ein gutes Ende: die Berliner Zeitung wird – über den Umweg Frankfurter Rundschau – eine „Washington Post“. Barack Vorkötter sei Dank. Trotzdem muss noch einmal an die Leidensgeschichte erinnert werden:

Im Mai 2006 wurde der umtriebige Geschäftsmann Josef Depenbrock zum Chefredakteur der Berliner Zeitung bestellt. Journalistisch qualifizierte den Mann zwar nicht viel für den Job, doch er besaß andere Qualitäten. Er war der ideale Kettenhund für einen unfähigen Hofbesitzer Konzernchef.

Da Depenbrock neben seiner (Un-?)Tätigkeit als Chefredakteur auch in der Geschäftsführung der Verlagsholding wirkte, sahen die Redakteure einen Interessenkonflikt: Eine solche Doppelfunktion widerspreche dem Redaktionsstatut und gefährde die journalistische Unabhängigkeit. Gemeinsam mit dem Deutschen Journalistenverband versuchte die Redaktion, Depenbrock loszuwerden. Sie klagte. Doch mit Unterstützung des ehemaligen Gruner & Jahr-Personalchefs Martin Schuster (der darauf hinweisen konnte, dass Gruner & Jahr-Chefredakteure seit langem als Geschäftsführer tätig sind), wurde die Klage vor Gericht abgeschmettert.

Weder Offene Briefe noch Proteste, weder verkappte Arbeitsniederlegungen noch Klagen konnten Josef Depenbrock (“Auf das Vertrauen der Redaktion bin ich nicht angewiesen”) zum Rücktritt motivieren. Im Gegenteil. Die Vorgabe seines Herrn (der eine Rendite von 20 Prozent erwirtschaftenpressen wollte) nutzte Depenbrock, um schon mal die Vernichtung von Arbeitsplätzen anzukündigen. Selbst die ambitionierten Online-Aktivitäten wollte er wieder einkassieren. Zuletzt drohte Depenbrock, er werde Redakteure der Net-Zeitung auf die Straße setzen.

Zwei Dinge sind am Fall Depenbrock bemerkenswert: Zum einen scheinen die Verleger kein Problem mit dem Aufstieg einer solchen Figur zu haben. Zum anderen haben die betroffenen Journalisten die ihnen zugewiesene Rolle als Schuhabstreifer noch nicht ganz begriffen. Schuhabstreifer kann man so oder so verstehen.

Zustimmung, Kritik oder Anmerkungen? Kommentare und Diskussionen zu den Beiträgen auf CARTA finden sich auf Twitter und auf Facebook.