#Linktipps

Medienlinks zum Wochenstart: Nahsehen als unterschätztes Nichtmedium

von , 1.11.10

Ende der Geheimnisse?

Peter Glaser hat dem “Neue Gegenwart” Online-Magazin für Medienjournalismus ein Interview zum Thema Mobile Social Networks gegeben. Glaser sagt nicht nur kluge Sachen, sondern formuliert sie auch wunderbar lakonisch: “Es hängt von einem selbst ab, wie groß oder wie intensiv bespielt diese Bühne ist. Plötzlich eine kleine Internet-Sendestation sein zu können und nicht nur, wie am Fernseher laut/leise und hell/dunkel einstellen zu können und sich berieseln zu lassen, macht schon ziemlich Spaß, ist aber auch viel Arbeit. Und das Kommunikationsuniversum bietet auch jede Menge eskapistische Möglichkeiten. Man sollte natürlich den Nahbereich, in dem man als gerätelose, pure Person existiert, nicht aus dem Blick verlieren. Nahsehen ist das unterschätzteste Nichtmedium des 21. Jahrhunderts – um es mal paradox auszudrücken.”

KollegInnen, macht die Augen auf! Zum Verdi-Positionspapier zum Urheberrecht

Matthias Spielkamp zerpflückt in seinem Immateriblog das Positionspapier  “Internet und Digitalisierung – Herausforderungen für die Zukunft des Urheberrechts” des Verdi-Bundesvorstands: “Das Papier strotzt vor Unkenntnis und analytischen Kurzschlüssen (vom schlechtem Stil zu schweigen). Die Herausforderungen der Zukunft an das Urheberrecht wird Verdi mit den darin vertretenen Positionen jedenfalls nicht bestehen.” Den Grund für die Positionen von Verdi sieht Spielkamp in einer trügerischen Logik: “Es soll den Verlagen besser gehen (wann hat man mal gehört, dass dies das Ziel ist, für das ver.di kämpfen sollte?), denn damit gehe es dem Journalismus und den Journalisten besser. Dieses In-Eins-Setzen der Ziele von Verlagen und Mitarbeitern (Angestellten und freien) ist ebenso falsch wie gefährlich.” Nachtrag: Auch Ilja Braun verreißt bei Digitale Linke das Positionspapier der Gewerkschaft.

Datenjournalismus für (uns) Einsteiger

Jan Eggers, Online-Redakteur beim Hessischen Rundfunk, gibt den Leser von Eggers Elektronik detaillierte und ungeschminkte Einblicke in den Annäherungsprozess des HR an das Thema Datenjournalismus – inklusive einigen “Lehren unter dem Strich”.

Twitter by the Petabyte: Using Big Data to Define Market Sentiment

Bei ReadWriteCloud erklärt IBM-Evangelist David Barnes im eingebetteten Video (und -exzerpten), wie man mit dem IBM-Tool BigSheets Daten in Größenordnungen von Terabytes und Petabytes aus Twitter extrahiert um Markttrends frühzeitig zu erkennen (Überschriftenlink). Ebenfalls interessant: Technology Review berichtet über das Startup Recorded Future, das mit einer speziell entwickelten Suchmaschine extrahierte Daten aus der Vergangenheit, Gegenwart und die Zukunft betreffend auf einer Zeitleiste darstellt.

Mit angezogener Handbremse

Lorenz Lorenz-Meyer erzählt im Interview mit Thomas Mrazek über den Stand der Dinge im deutschen Online-Journalismus, dass er das Niveau im Vergleich mit den USA für mittelmäßig hält: “Natürlich beherrschen Online-Redaktionen wie die der Welt oder der Zeit mittlerweile recht gut ihr Handwerk, aber die meisten Produkte sind weiterhin viel zu sehr am Paradigma des schnellen Nachrichtenjournalismus orientiert und fallen damit der Redundanz und Beliebigkeit anheim. Und sie bewegen sich einfach zu wenig.” Carta hält er wegen des interdisziplinären Ansatzes für “die spannendeste Neugründung der letzten Zeit in der deutschen Bloglandschaft”.

“Man kann nie sagen, wir haben es geschafft”

Guardian-Chefredakteur Alan Rusbridger im Interview mit meedia: “Wir haben gelernt, dass nicht jeder Journalist jede Story schreiben muss. Wenn ein Flugzeug in Amsterdam abstürzt, dann war das eine Geschichte, zu der wir früher einmal einen Guardian-Journalisten hingeschickt hätten. Jetzt würden wir sagen: Lass das lieber jemand anderes machen! […] Es geht wirklich darum, herauszufinden, was wir als Guardian am besten können und dann zum Rest zu verlinken. Früher hätten wir Storys geschrieben mit denen wir uns heute nicht mehr beschäftigen würden, weil jemand anderes sie sowieso schreibt. Ein Link zu setzen und hinzuzufügen, dass man dem Geschriebenen zustimmt, dauert eine Minute. Indem man offen und kollaborativ ist, spart man eine Menge Zeit.

Recherchieren ohne Zeit und Geld?

Marcus Lindemann war auf Einladung der Adenauer-Stiftung in Belgrad, um als Keynote-Speaker und Teilnehmer eines Panels über Recherche-Journalismus zu sprechen. Er entwickelt fünf Thesen für mehr Relevanz und weniger Redundanz im Journalismus (u.a. Wir brauchen fachkundige Übersetzer für die besten fremdsprachlichen Beiträge. Und: Recherche bleibt eine Marktlücke.). Lindemanns Gedanken gehen in eine ganz ähnliche Richtung wie meine Keynote zum Deutschen Fachjournalisten-Kongress (“Kuratieren statt Klickstrecken bauen”).

Facebook: Infografik und demographische Daten – Deutschland, Österreich und Schweiz per Oktober 2010

Social-Media-Berater Thomas Hutter wartet mit neuen Zahlen zu Facebook in den D-A-CH-Märkten auf. In Deutschland (aktuell rund 12,7 Millionen Facebook-Mitglieder) wächst Facebook schneller als in Österreich oder in der Schweiz, aber die Durchdringung ist immer noch am geringsten (15 Prozent der Gesamtbevölkerung).

Launch of Newspaper Extinction Timeline for every country in the world

Trendforscher Ross Dawson sagt voraus, dass Zeitungen in Deutschland in 20 Jahren ausgestorben sein werden. In den USA soll es schon in sieben Jahren soweit sein und in Australien in zwölf Jahren. Diese Prognosen und wie die Voraussagen für weitere Zeitungsmärkte lauten, kann man sich auf seiner “Zeitleiste des Zeitungssterbens für jedes Land der Welt” ansehen.

Die Fachjournalistin Ulrike Langer bloggt auf medialdigital. Carta übernimmt die Linktipps mit freundlicher Genehmigung der Autorin als Crossposting. Backlinks bitte freundlicherweise zu den Original-Linktipps setzen.

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