#Post-Production

Digitales Botox und algorithmische Schönheitsoperationen

von , 19.12.08

Der 32-jährige Dr. Parham Aarabi sei ein “weltbekannter Erfinder und preisgekrönter Dozent”, heißt es in der Wikipedia. Am berühmten MIT rechne man ihn den “World’s Top Innovators” zu.

Derzeit ist er außerordentlicher Professor für technische Informatik an der Universität von Toronto. Eine lange Reihe von Aarabis Schöpfungen ist aufgelistet, darunter robuste Spracherkennung und dreidimensionale visuelle Suche.

Seine neueste Innovation ist nicht verzeichnet: Modiface. 1999 hatte Aarabi mit Forschungen zur automatischen Gesichtsanalyse begonnen und sich mit Dingen wie automatischem Lippenlesen befaßt. Zusammen mit seinem Kollegen Alireza Rabi begann er daneben, an einer Software zur Vorab-Visualisierung von Schönheitsoperationen zu arbeiten. 2006 gründeten die beiden Modiface Inc. Nun hat die Firma das Programm LiftMagic auf den Markt gebracht, das einem das Ergebnis einer Schönheitsoperation im Voraus veranschaulichen möchte. Man scannt ein Foto von sich ein und Modiface nimmt daran ein virtuelles Lifting, eine Lippen-Aufspritzung und so weiter vor. Software, Software an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?

Die Zeiten von Kartoffel- und Gurken-Masken sind vorbei, moderne Schönheitspflege verlässt sich auf Post-Production. (Foto: Smabs Sputzer)

Und da die Idee sich gut variieren läßt, hat der weltbekannte Dr. Aarabi ein paar weitere solcher Algorithmen gestrickt, etwa Hairmixer. Hier lassen sich aus jeweils einem Foto von einem selbst und eines Lieblingspromis neue Persönlichkeits-Merkmale mischen. Nachdem inzwischen schon 12-jährige von kosmetischer Chirurgie träumen, seufzte sogar ein Rezensent des Blogs Gizmodo, in dem vor allem Hightech-Spielzeug besprochen wird, angesichts solcher Pseudolösungen für Selbstbewusstseins-Probleme: “Keine Angst – letztlich zählen ja nur die inneren Werte.”

Nach dem Geheimnis ihrer Schönheit gefragt, bekannte die Schauspielerin Michelle Pfeiffer (50) in einem Interview: “Das sogenannte große Schönheitsgeheimnis ist eines, das jeder kennt, aber keiner befolgen will, weil es langweilig ist und auch noch aufwendig. Man muss einfach gut auf sich achten. Um gesund zu bleiben, muss man sich gesund ernähren und den Körper trainieren. Außerdem braucht man jemanden, der für gutes Licht sorgt und einem ein hinreißendes Makeup macht.”

Digitale Schönheitsoperationen sind längst gang und gäbe – ob mit oder ohne Einverständnis der Betroffenen sei dahingestellt. Wer seine Urlaubsfotos bereinigen möchte, kann zum Tourist Remover greifen. Dean Hrbacek, ein Republikaner aus Texas, der für einen Sitz im Kongress kandidierte, ließ vor einiger Zeit ein Bild von sich auf eine Aussendung drucken, das, wie sich herausstellte, seinen Kopf auf dem schlankeren Körper eines anderen Mannes zeigt. Sein Wahlkampfmanager räumte ein, dass es sich um eine Montage handelt. Er sagte Hrbacek sei so beschäftigt gewesen, dass er keine Zeit für ein Fotoshooting gehabt habe.

Was LiftMagic nicht verrät, sind die Risiken, die der Traum von der technisch machbaren Schönheit nach sich zieht. Allein in Deutschland gibt es pro Jahr mehr als 500.000 kosmetische Eingriffe. Die Operierten werden immer jünger – und jede fünfte OP geht schief. Auch die Erfolge sind nicht von Dauer. Ein Faceliftig hält nur fünf bis sieben Jahre.

Eine kleine Linksammlung zum Thema “The Making of Schönheit” von findet sich auf Peter Glasers Blog der Stuttgarter Zeitung. Dort erscheint regelmäßig die Netzkolumne, die hier mit freundlicher Genehmigung des Autors veröffentlicht wird.

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