#FED

Null-Zins, klar. Aber was ist quantitative Easing?

von , 17.12.08

Aber die USA sind keine Insel, der Dollar ist nicht der Yen und was die FED nun weiter unternimmt, sieht nicht nach Japan 1998 aus.

Von hier ab geht’s aufs Eis. Von vielen Seiten ist deutliches Gruseln vernehmen.

Die Verzweiflung muss groß sein.

kommentiert Holger Steltzer in der FAZ.

I (literally) have a very bad feeling in my stomach. This move is a sign of utter desperation.

meint Yes Smith.

Aber nicht wegen der Nullzinsen. Nein, sondern wegen dem, was damit einher geht. Ganz kurz gesagt: die FED hat sich entschlossen, auf Teufel komm raus Geld zu drucken. Bernanke macht mit allen Mitteln, darunter ein paar zuvor sehr kreativen und zuvor kaum vorstellbaren, wahr, was er in seiner berühmten Helikopter-Rede vor Jahren angekündigt hat.

Deflaton: Making sure it does not happen here

war seine Rede am 21.11.2002 betitelt. Da sollten wir noch einmal reinhören.

I believe that the chance of significant deflation in the United States in the foreseeable future is extremely small … I am confident that the FED would take whatever means necessary to prevent significant deflation in the United States … So, having said that deflation in the United States is highly unlikely, I would be imprudent to rule out the possibility altogether.

Ja, was denn nun? Es gibt da zwei verschiedene Größen, die man ganz genau unterscheiden muss. Und das versucht Bernanke. Nämlich Inflation und Inflations-Erwartung. Oder Deflation und Deflations-Erwartung. Dummerweise handeln nämlich die Akteure am Markt nicht nach der tatsächlichen Inflation, sondern nach Massgabe ihrer Inflations-Erwartung. Und  alles, was ein FED-Präsident oder dazumal werdender FED-Vorsitzender von sich gibt, ruft Erwartungen hervor. Also hatte Bernanke die heikle Aufgabe, über etwas zu sprechen, ohne es uns erwarten zu lassen. Deshalb fünfmal: Was auch immer ich hier sage, es wird nicht passieren. Oder kürzer, und etwas Odyssee-hafter: ich lüge! Ich lüge! Ich lüge! Glaubt mir nicht!

Nach dem kurzen Ausflug an den Anfang des 21. Jahrhunderts (2002) zurück zum Anfang des 21. Jahrhunderts (2008). Was macht die FED? (ausser die Zinsen zu senken.)

As previously announced, over the next few quarters the Federal Reserve will purchase large quantities of agency debt and mortgage-backed securities to provide support to the mortgage and housing markets, and it stands ready to expand its purchases of agency debt and mortgage-backed securities as conditions warrant.  The Committee is also evaluating the potential benefits of purchasing longer-term Treasury securities.

Das ist quantitative Erleichterung. Und heisst so viel wie: die amerikanische Zentralbank kauft von nun an ALLES .. ja ALLES .. was irgendwie in den Strudel der Krise zu geraten droht. Nicht nur kurzlaufende Staatsanleihen, sondern auch langlaufende. Anleihen von allerlei Firmen und nicht nur verkorkste, betrügerisch versicherte, faule Häuserkredite. Die Bewegung in diese Richtung war schon eine ganze Weile lang im Gang, wie der schöne  Chart auf Econbrowser zeigt (Quelle: Aleablog)

Die guten und (bis dato) sicheren Staatsanleihen wurden ab Ende 2007 gegen allerlei Unfug ausgetauscht, den die Banken nach den neuen Regeln bei der FED als Sicherheiten für Kredit hinterlegen durften.

Aber wenn ich es richtig verstehe, übernimmt die FED nun im Rhamen des sogenannten Easing, der Erleichterung des Kreditmarkts, eine ganze Reihe neuer Aufgaben. Bislang wurden Zinsen außer dem Leitzins am Markt ausgehandelt. Nun kann die Zentralbank überall eingreifen, wo ihr die Lage kritisch zu werden droht. Das heisst, der Markt für Zinsen ist in weiten Teilen aufgelöst. Dort regiert jetzt der Staat. Das wirft nicht unerhebliche Fragen auf. Nämlich unter anderem die, ob die USA überhaupt Japans Löungs imitieren können. Oder ob das ganze nicht zielgerichtet auf eine gößere Krise der Währungen und der Staatsschulden hinausläuft. Sicher ist, dass die amerikanische Zentralbank ab heute eine andere Institution geworden ist: eine allgemeine Kreditverwaltungs-Behörde mit angeschlossener Deponie für finanziellen Giftmüll.

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