#Der Spiegel

De Maizière vor Netzpolitik-Rede: vage und terminologisch unscharf

von , 20.6.10

Nach der “Berliner Rede zum Urheberrecht” der Bundesjustizministerin vom vergangenen Montag steht für diese Woche Dienstag um 11 Uhr eine netzpolitische Rede des Bundesinnenministers Thomas de Maizière mit dem Titel “Perspektiven deutscher Netzpolitik” an (Stream auf bmi.bund.de). Der Ankündigung verspricht ministerielle  “Thesen für die deutsche Netzpolitik“:

Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière hat im ersten Halbjahr 2010 vier Dialogveranstaltungen zu den Perspektiven deutscher Netzpolitik durchgeführt. Nunmehr soll ein erstes Fazit aus dieser Dialogreihe gezogen werden. Dabei stellt der Bundesinnenminister Thesen für eine deutsche Netzpolitik vor, die im Rahmen der Veranstaltung diskutiert werden sollen

Zum publizistischen Präludium für derartige Reden gehört auch ein Interview – beispielsweise mit einem großen Nachrichtenmagazin aus Hamburg. Im aktuellen Heft des Spiegel findet sich dann auch ein kurzes Gespräch mit de Maizière unter dem Titel “Anspruch auf Auskunft” (ohne Hinweis auf die geplante Rede, Seite 18).

Doch statt den kurzen Spiegel-Auftritt für eine prägnante Aussage zu nutzen, bleibt de Maiziére vage und ungenau. Kurzer Auszug (leider noch nicht online):

Spiegel: Was wollen Sie ändern?
De Maizière: Alle Beteiligten – Nutzer, Unternehmen und der Staat – tragen eine Verantwortung für den Schutz der Privatsphäre und die Sicherheit im Netz. Die Mehrzahl der Internetnutzer ist unvorsichtig und missachtet selbst einfache Sicherheitsvorkehrungen. Dafür sind sie selbst verantwortlich, bei Kindern natürlich die Eltern.
Die Provider und Dienstanbieter dagegen müssen vom Staat mehr in die Pflicht genommen werden. Wir könnten der Hardware-Industrie etwa vorschreiben, nur Computer mit einem Anti-Viren-Programm in den Handel zu bringen. Netzanbietern kann man auferlegen, dass die Nutzer nicht erst auf Seite 595 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen einen nicht lesbaren Satz finden, sondern ausdrücklich der Verarbeitung ihrer Daten zustimmen müssen. Was Facebook seinen Kunden anbietet, ist viel zu kompliziert.

Diese Passage macht wenig Mut für Dienstag. Im zweiten Absatz wechselt der Minister in jedem Satz den Bezugspunkt. Erst geht es um “Provider und Diensteanbieter”, dann um Hardware-Industrie, dann um “Netzanbieter” und dann um Facebook.

Besonders ernüchternd ist die terminologische Unschärfe: Hält de Maiziére Facebook für einen “Netzanbieter”? De Maiziére scheint sprachlich noch immer nicht ganz im betreffenden Politikfeld angekommen. Und sein Stab hat ihm dies nicht aus dem Interview redigiert.

Das kurze Interview schließt de Maiziére mit dem Satz ab:

Nachhaltige Netzpolitik ist nicht per Mausklick zu haben.

Das klingt wie ein Nicht-Satz von Frank-Walter Steinmeier. Am Dienstag hoffen wir auf mehr.

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