Blogs sind mehr Demokratie – sie brauchen aber auch Führung und Sachverstand

von , 9.6.10

Heribert Prantl hat im Januar seiner Antrittsvorlesung als Honorarprofessor der juristischen Fakultät an der Universität Bielefeld gehalten, die die Blätter für deutsche und internationale Politik in ihrer aktuellen Ausgabe dokumentieren. Darin beschreibt er die Entwicklung der Pressefreiheit, die Rolle des gebildeten Bürgertums – und v.a. der publizierenden Professoren – für die Entwicklung der Demokratie während der Revolution von 1848 und in der Paulskirche.

In der Gegenwart angekommen, kommentiert er die heutige Praxis der Gesetzgebung Sachverständige “durchzuschleusen” und deren Funktion in der öffentlichen Willensbildung:

Ein Strafrechtler ist erst dann ein wirklich guter Strafrechtler, wenn er die Probleme der Sicherungsverwahrung nicht nur in der Vorlesung und in der NStZ, sondern auch in der Tageszeitung erklären kann. Und ein ausgezeichneter Strafrechtler ist er dann, wenn ihm das sogar in der „Bild“-Zeitung gelingt. Für die Wissenschaftler aus anderen Disziplinen gilt das auch.

Wissenschaft und Presse, beide dienen der Aufklärung – darum sind Wissenschafts- und Pressefreiheit Grundrechte, und darum sind beide, und das ist kein Zufall, ganz nah beieinander, im Artikel 5 des Grundgesetzes geregelt. Es ist dies auch eine kleine Erinnerung daran, dass Professoren einst Geburtshelfer der Pressefreiheit gewesen sind.

Er auf die Gefahren für den Journalismus ein, die heute in Überwachung und Aufweichung des Redaktionsgeheimnisses lägen, aber auch im Journalismus selbst, wenn dieser seine Aufklärungsfunktion missachte und sich Sachzwängen unterwerfe.

Die Rolle der digitalen Revolution und die Funktion, die Journalisten hier einnehmen könnten, beschreibt er im letzten Teil der Rede:

Wir erleben wieder eine Kommunikationsrevolution wie 1848/49. Mich erinnern die Blogger von heute an die politisierten Bürger von 1848/49 – Blogs sind mehr Demokratie. Soll da wirklich der professionelle Journalismus die Nase hochziehen, so wie es vor 160 Jahren die etablierten fürstlichen Herrschaften und die monarchischen Potentaten getan haben? Aber: Die neue Kommunikationsrevolution braucht professionelle Begleitung, sie braucht einen publizistisch-gelehrten Kern. Es gibt ein neues, ganz anderes Professoren-Parlament: Es heißt Internet. Dieses digitale Parlament braucht, wie das damals in der Frankfurter Paulskirche, Führung und Sachverstand.

Ein rundum lesenswerter Text, der in Auszügen auch auf Sueddeutsche.de veröffentlicht wurde.

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