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Enquête-Kommission des Bundestags zu “Internet und digitaler Gesellschaft” geplant [Update]

von , 13.1.10

Die Bundestagsfraktionen von Union und FDP wollen in dieser Legislaturperiode eine Enquête-Kommission mit dem Titel “Internet und digitale Gesellschaft” einsetzen. Im Entwurf für einen entsprechenden Antrag aus der Unionsfraktion, der Carta vorliegt, heißt es:

Die Verbreitung des Internets, verbunden mit einer ständigen Vervielfachung der Möglichkeiten und Anwendungen, hat gesellschaftliche Veränderungen bewirkt, die mit der Erfindung des Buchdrucks vergleichbar sind und genauer betrachtet werden sollten.

Das Internet ist das freiheitlichste und effizienteste Informations- und Kommunikationsforum der Welt und trägt maßgeblich zur Entwicklung einer globalen Gemeinschaft bei. Die digitale Gesellschaft bietet neue Entfaltungsmöglichkeiten für jeden Einzelnen ebenso wie neue Chancen für die demokratische Weiterentwicklung unseres Gemeinwesens, für die wirtschaftliche Betätigung und für die Wissensgesellschaft. Die Nutzung dieser Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten gehört längst zum Alltag der überwältigenden Mehrheit der Menschen in unserem Land.

Nun erleben wir eine erneute Veränderung: Das Internet ist nicht länger nur eine technische Plattform, sondern entwickelt sich zu einem integralen Bestandteil des Lebens vieler Menschen, denn gesellschaftliche Veränderungen finden maßgeblich im und mit dem Internet statt. Die Menschen benötigen heute neue Kenntnisse und Fähigkeiten. Dazu zählen beispielsweise die Auswahl, die Einordnung und die Bewertung der nahezu unbegrenzt zur Verfügung stehenden Informationen.

Der Enquête-Kommission werden 13 Bundestagsabgeordnete und 13 Sachverständige angehören. Eine ähnliche Enquête-Kommission gab es bereits in den Jahren 1996 bis 1998 – damals unter dem Titel “Zukunft der Medien in Wirtschaft und Gesellschaft – Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft”. Viele der Fragenstellungen von damals und heute wirken nahezu identisch. Mitglied der Kommission damals auch: Jörg Tauss (damals SPD, heute Piratenpartei).

Die Vorstellungen zu den Themen der Kommission lesen sich wie das “who is who” der aktuellen Netzdebatten – inklusive Open Data, Netzneutralität und Open Access, angereichert mit einigen unionsnahen sicherheitspolitischen Themen. Hier ein Auszug aus der Liste:

  • Veränderungen der Produktion, Distribution und Nutzung von künstlerischen Werken
  • Stärkung des Bewusstseins für den Wert geistigen Eigentums
  • Erhaltung und Sicherung von Medien- und Meinungsvielfalt
  • Sicherung eines funktionsfähigen Wettbewerbs zur Vermeidung marktbeherrschender Stellungen einzelner Unternehmen
  • Klima-, Umwelt- und ressourcenschonende Gestaltung der Informationstechnik (Green-IT)
  • Initiativen zum freien Zugang zu den Ergebnissen staatlich finanzierter Forschung (Open Access)
  • Zukunft des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung
  • Wahrung der Persönlichkeitsrechte
  • Sicherung eines freien und ungehinderten Zugangs zum Internet für alle Nutzer und Informationsanbieter (Netzneutralität)
  • Gewährleistung einer vertrauenswürdigen, leistungsfähigen und sicheren Internet-Infrastruktur (staatlicher Schutz gegen Gefahren von innen und außen)
  • Strategien für einen freien Zugang zu staatlichen Informationen (Open Data)

Eine Enquête-Kommission soll das Parlament darin unterstützen, sich grundsätzlich und umfassend mit einem Thema zu befassen. Es handelt sich dabei um einen symbolischen Akt parlamentarischer Selbstfindung – dessen Signifikanz vor allem darin liegt, dass sich die Politik soviel Zeit für ein Thema nimmt. Die Ergebnisse von Enquête-Kommissionen fielen in den Jahren sehr unterschiedlich aus. Während die Enquête-Kommission zu Fragen von Medizin und Ethik rückblickend als sehr erfolgreich gilt, steht die erste Kommission des Bundestags zu Internet und Medien eher in dem Ruf, mit viel Aufwand wenig greifbares produziert zu haben. Mal sehen, wie es diesmal wird.

Innerhalb von Regierungskreisen gilt als sicher, dass sich Union und FDP in den nächsten Tagen gemeinsam für die Bildung der Kommission aussprechen werden. Beide Fraktionen können mit Mehrheit im Bundestag die Einsetzung beschließen. Die Kommission soll bis Sommer 2012 einen Abschlussbericht vorlegen. Die Besetzung ist noch unklar.

Update: Hier nun auch das PDF-Dokument des Einsetzungsantrags für die Kommission.

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