#Apollo Radio

Freie Radios in Sachsen vor dem Aus

von , 26.10.09

Anfang des Jahrzehnts waren in den sächsischen Großstädten Dresden , Leipzig und Chemnitz noch freie Radiofrequenzen vorhanden. Die Sächsische Landesmedienanstalt (SLM) wollte diese ausschreiben, allerdings so, dass die sächsischen Anbieter sich – „im Interesse des Medienstandortes“ – nicht zusätzlicher Konkurrenz erwehren müssten. Zugleich wollte man sich nicht für einen der sächsischen Anbieter entscheiden, einen gar bevorzugt verhandeln.

Und so kam man im Medienrat auf die Idee, die Frequenzen für ein Klassikradio auszuschreiben. Somit wurde die Zahl der Bewerber gleich eingeschränkt. So wurde das Hamburger Klassikradio zu einer ernsthaften Konkurrenz. Zugleich überredete man die sächsischen Anbieter, gemeinsam das sächsische Klassikradio zu betreiben. Man gründete die Sächsische Gemeinschaftsprogramm GmbH & Co. KG, um Apollo Radio zu betreiben. Zudem verpflichtete man sich, die Sende- und Leitungskosten (40.000 Euro im Jahr) der drei nichtkommerziellen Radios Radio Blau (Leipzig), Radio t (Chemnitz) und Coloradio (Dresden) zu übernehmen, die sich mit Apollo Radio die Frequenz teilen sollten. Diese senden wöchentlich ein 49-stündiges Programm. Seit dem Jahre 2004 gilt eine Vereinbarung, nach der Apollo Radio die entsprechenden 40.000 Euro übernimmt. Die Gesellschafter von Apollo Radio waren dazu bereit – da man so auch verhindern konnte, dass ein weiterer, unabhängiger Programmveranstalter in den sächsischen Markt eindringt.

Die sächsische Landesmedienanstalt hat vor einiger Zeit erklärt, freie und frei werdende analoge Frequenzen nicht mehr auszuschreiben. Dabei beruft sie sich auf eine Novellierung des Sächsischen Privatrundfunkgesetzes aus dem Jahre 2008, die von einer Mehrheit des Landtages im Zusammenhang mit dem 10. Rundfunkänderungsstaatsvertrag beschlossen wurde. Diese wird so interpretiert, dass frei werdende analoge Frequenzen nicht neu ausgeschrieben werden.

Damit sehen die Betreiber von Apollo Radio die Chance, sich der zusätzlichen Kosten zu entledigen. Zum Einen können sie Apollo Radio, das nie Gewinn abwarf, einstellen, ohne befürchten zu müssen, einen neue Konkurrenten auf dem sächsischen Radiomarkt zu bekommen. Zum Anderen können sie damit drohen, aus betriebswirtschaftlichen Gründen die Förderung der nichtkommerziellen Radios einstellen zu müssen, um im Sinne der Vielfalt Apollo Radio erhalten zu können. Da kommt ihnen entgegen, dass der entsprechende Vertrag über die Zahlung der Leitungskosten zum Jahresende ausläuft.

Und so wurden die Befürchtungen Realität: Der Betreiber von Apollo Radio, die Sächsische Gemeinschaftsprogramm GmbH & Co KG, kündigte am 13. Oktober die Kooperationsvereinbarungen mit den drei sächsischen Freien Radios. Diese sollen die Sende- und Leitungskosten von 40.000 Euro im Jahr in Zukunft selbst bezahlen.

So stehen die drei Freien Radios vor dem Aus, wenn nicht ein Dritter einspringt.

Doch warum übernimmt dann nicht die Landesmedienanstalt die Förderung? Wer den Etat der Sächsischen Landesmedienanstalt mit einem Volumen von 6,6 Mio. Euro im Jahre 2009 kennt, kann sicher nicht verstehen, warum diese den Betrag nicht übernehmen kann. Bei der Landesmedienanstalt kann man jedoch darauf verweisen, dass es im Sächsischen Privatrundfunkgesetz keinen Passus gibt – auch nicht im §28, der die Förderung nichtkommerziellen Rundfunks ausdrücklich erlaubt. Dabei wäre eine solche Unterstützung machbar: Der Rundfunkstaatsvertrag sieht die Möglichkeit vor, “Formen der nichtkommerziellen Veranstaltung von lokalem und regionalem Rundfunk und Projekte(n)” zu fördern (§40) – eine Möglichkeit, die jedoch bis dato von keiner Sächsischen Staatsregierung ergiffen.

So kann man sich in der Landesmedienanstalt darauf berufen, dass man die drei Freien Radios nicht direkt fördern dürfe. Doch wer sagt, dass die Rechtsaufsicht gegen eine solche Förderung einschreiten würde, zumal diese auch nicht verboten ist? Zumal die Landesmedienanstalt zwei der drei Freien Radios bereits entsprechend fördert. Seit mehr als 10 Jahren erhält das Chemnitzer Radio t immerhin 6.000 Euro von der Landesmedienanstalt, die Radio t direkt an Apollo weiterleitet – die Sende- und Leitungskosten für Radio t betragen 17.000 Euro im Jahr. Dieser Zuschuss müsste also nur aufgestockt werden, doch dazu fehlt der politische Wille. Und so stehen 20 Jahre nach der deutschen Einheit jene Radioinitiativen vor dem Aus, die zu Zeiten des demokratischen Aufbruchs in der DDR entstanden sind. Über Aktuelles zum Thema berichtet SOS – Rette dein freies Radio.

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