#Bundesregierung

Opel: Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende

von , 1.9.09

„Ein unpersönlicher Markt trennt wirtschaftliche Aktivitäten von politischen Ansichten und schützt zugleich den Einzelnen vor Diskriminierung infolge von Gründen, die mit seiner individuellen Produktivität nichts zu tun haben.“ Dieser These Milton Friedmans folgend, lassen sich die täglichen Kaufentscheidungen unzähliger deutscher Verbraucher als eine basisdemokratische, von politischen Sonderinteressen befreite Aussage auffassen, was in unserem Lande gebraucht wird und gewünscht ist. Der kalte anonyme Markt gibt der Politik somit ein wichtiges Orientierungssignal.

Für die Rettungsbemühungen um die Adam Opel GmbH wird dieses Orientierungssignal nunmehr zu einem roten Stoppschild. Seit zehn Jahren fällt das Unternehmen kontinuierlich in der Gunst der Menschen in Deutschland zurück. Der relative Marktanteil derartiger Automobile in Europa liegt nach Angaben der Bundesregierung mit 7,9 Prozent sogar noch unter den 8,4 Prozent in der Bundesrepublik. Die Anzahl verkaufter Fahrzeuge hat sich binnen zehn Jahren von rund 522.000 Stück auf etwa 258.000 Stück mehr als halbiert. Es ist nicht sinnvoll, mit Steuerzahlergeld Brieftauben zu züchten, wenn die Steuerzahler Mobiltelefone kaufen.

opel_marktanteile

Nach Angaben der Bundesregierung hat die Adam Opel GmbH seit dem Jahr 2003 kontinuierlich Verluste von insgesamt etwa zwei Milliarden Euro eingefahren (2003: -646; 2004: -69; 2005: -68; 2006: -716; 2007: -362; 2008: Verlust noch verdunkelt; Angaben in Millionen Euro). In diesem Zeitraum wurden also pro Tag mehr als eine Millionen Euro sprichwörtlich durch den Auspuff gejagt. So etwas kannte man sonst vor allem bei Volkseigenen Betrieben der DDR.

Das Wort “Verbrennungsmotor” bekommt am Beispiel Opel also eine ganz neue Bedeutung. Mit der Abwrackprämie hat die Bundesregierung bei dieser Wertverbrennung noch einen Scheit nachgelegt. Die bislang rund 52.000 Abwrackprämien-Anträge für Automobile der Marke Opel entsprechen etwa 30 Prozent aller Neuzulassungen dieses Herstellers im Jahr 2009. Fast jeder dritte neue Opel rollt also mit Subventionen von insgesamt rund 130 Millionen Euro.

Damit nicht genug. Im Rahmen der Rettungsbemühungen hat die Adam Opel GmbH quasi in letzter Sekunde einen staatlichen Überbrückungskredit in Höhe von insgesamt 1.5 Milliarden Euro erhalten. Kein Kreditinstitut und kein privater Investor waren zum gegebenen Zeitpunkt bereit, sich an einer derart risikoreichen Zwischenfinanzierung zu beteiligen. Die müssen ja schließlich mit ihrem eigenen Geld haushalten.

Wieder einmal hat die Bundesregierung eine inkonsistente und durch Aktionismus gezeichnete Wirtschaftspolitik fortgesetzt. Dies verdeutlicht nicht zuletzt ein Blick auf die öffentliche Beschaffung von Institutionen des Bundes in der laufenden Legislaturperiode:

Beschaffungsvolumen Automobile Marke ‘Opel’ – Institutionen des Bundes
in TEuro; exkl. MwSt. 2005 2006 2007 2008 ’06 zu ’08
GB BMWi 0 12 0 15
GB BMF 3.754 8.947 6.165 4.873
BMBF 0 0 15 0
BMI 0 0 25 0
GB BMI 30 129 499 83
GB BMFSFJ 15 13 14 168
GB BMELV 0 22 15 14
GB BMVBS 462 1.095 706 953
GB BMVg 31.683 46.412 24.104 8.594
35.944 56.630 31.543 14.700 -74,04 %
GB = Geschäftsbereich

.

Das staatliche Beschaffungsvolumen von Automobilen der Markte Opel wurde zunächst im allgemeinen Boomjahr 2006 massiv erhöht, um dann zeitgleich mit der Umsatzsteuererhöhung im Jahr 2007 pro-zyklisch und krisenverschärfend zusammengekürzt zu werden. Letztlich ist diese Rückführung der Beschaffung genau in dem Zeitraum passiert, wo der Automobilabsatz in Deutschland schon unter Druck geraten war. Nach Angaben des Verbands der Automobilindustrie (VDA) sind die Neuzulassungen zwischen 2006 und 2008 von 3.467.961 auf 3.090.040 Stück zurückgegangen. Das sind etwa elf Prozent. Wo staatliche Institutionen durch stetige Beschaffungsvorhaben eine Sockelauslastung hätten sichern können, wurde Politik nach Kassenlage gemacht.

Es wäre an der Zeit, den Opel-Irrsinn zu stoppen. Wie heißt es so schön: Irren ist menschlich – aber wenn du den Radiergummi vor dem Bleistift aufbrauchst, übertreibst du.

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