MDR-Sachsenspiegel auf dem Weg zum Regierungsspiegel

von , 2.7.09

Im Sachsenspiegel, dem Nachrichtenmagazin des MDR, hat die Regierung das Wort – die Opposition muss zumeist schweigen. Auch wo sie etwas zu sagen hat, spielt sie nur selten eine Rolle.

Eine Auswertung des Sachsenspiegels ergibt eine deutliche Dominanz der Regierungspositionen. In der Zeit vom 13. Mai bis 7. Juni 2009 kamen im Sachsenspiegel 33 mal Vertreter der Regierung bzw. Regierungsfraktionen zu Wort. Der Opposition wurde in dieser Zeit gerade drei mal vergleichbarer Raum gegeben, ihre Positionen darzustellen.  So wurde über Regierungserklärungen im Landtag berichtet, ohne dass ein Oppositionspolitiker dem Minister entgegnen konnte. In vielen Beiträgen traten allein die Minister der Staatsregierung auf. Während Ministerpräsident Stanislaw Tillich 12mal präsentiert wurde, kam kein einziger der Fraktionsvorsitzenden der Oppositionsparteien zu Wort.

sachsenspiegel_diagrammLandespolitische Berichterstattung des SachsenSpiegels vom 13. Mai bis 7. Juni 2009. Quelle: Heiko Hilker/ Die Linke

Der Sachsenspiegel ist damit derzeit vor allem ein Regierungsspiegel. Damit wird er dem MDR-Staatsvertrag nicht gerecht. Der Programmauftrag in § 6 Abs. 1 legt fest:

Der MDR hat in seinen Sendungen einen objektiven und umfassenden Überblick über das internationale, nationale und länderbezogene Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. […] Er dient der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung.

Deutlicher noch schreibt der Staatsvertrag in  § 8 Abs. 4 vor, auch unterschiedliche Sichtweisen zu berücksichtigen:

In allen Angelegenheiten von öffentlichem Interesse sind die verschiedenen Auffassungen im Gesamtprogramm ausgewogen und angemessen zu berücksichtigen. Das Gesamtprogramm darf nicht einseitig einer Partei oder Gruppe noch Sonderinteressen gleich welcher Art dienen.

Doch wie soll der Sachsenspiegel der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung dienen, wenn zumeist nur die Regierung zu Wort kommt? Muss der Sachsenspiegel nicht wesentlich öfter auch Kritiker am Regierungskurs zu Wort kommen lassen, um nicht einseitig der Regierung zu dienen?

MDR-Intendant Udo Reiter aber sieht keinen Handlungsbedarf. Gegenüber dem Medienausschuss des Landtags erklärte Reiter vielmehr: Es  sei normal, dass die Regierung wesentlich öfter dargestellt werde, als die Opposition. Wenn die Opposition dies ändern wolle, müsse sie die Regierung ablösen.

Doch damit ist das Problem ja nicht gelöst. Wer den Sachsenspiegel weiterhin als Regierungsspiegel gewähren lässt, stellt das öffentlich-rechtliche Prinzip zur Disposition.

Heiko Hilker ist medienpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Sächsischen Landtag.

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